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Eine Verstärkung für links / Routinier Robert Pocrnic wechselte zum BFC Dynamo

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Alles war wunderbar angerichtet im Frühjahr 1999. Das Probetraining bei Waldhof Mannheim unter dem in Berlin bestens bekannten Uwe Rapolder war absolviert. Es fehlte nur noch das sportärztliche Bulletin, als sich Robert Pocrnic während einer Übungseinheit seines damaligen Klubs SD Croatia einen Kreuzbandriss zuzog. Aus war der Traum vom Profifußball für den damals 25-Jährigen, der ein Jahr später zwar längst wieder Stammspieler bei Croatia war, den Sturz von der Ober- in die Verbandsliga aber auch nicht verhindern konnte. Vermutlich waren dies aber die einzigen dunklen Flecken auf der sportlich und charakterlich sonst sauberen Weste von Pocrnic. Als nämlich 2001 Ex-Mentor Robert Jaspert als Co-Trainer von Pierre Littbarski ihn zum MSV Duisburg und Uwe Rapolder den Linkspatsch nach Ahlen zu locken versuchten, blieb Pocrnic jeweils standhaft und dem Polizeipräsidenten in Berlin, seinem Arbeitgeber, treu.

Überhaupt scheinen sich bei Pocrnic, der mit seiner Frau und seinem beim TSV Rudow spielenden Sohn in Neukölln wohnt, Talent, Willen und Aufrichtigkeit im Verlauf seiner Karriere gut ergänzt zu haben. Als Pocrnic zwei Jahre alt war, zog seine Familie von Berlin nach Mannheim um. Im Alter von acht Jahren trat er Waldhof Mannheim bei, wo er im Mittelfeld spielte. Zwei Jahre später kehrte seine Familie wieder nach Berlin zurück. Klein-Robert indes machte eine Saison lang Pause, ehe er sich dem SC Azur anschloss. Übrigens immer noch als Mittelfeldmann, "weil ich schon vom Anstoßkreis das Tor treffen konnte", schmunzelt der heute 32-Jährige. In der C-Jugend wechselte Pocrnic zum VfB Neukölln, bevor er sein erstes Männerjahr beim 1. FC Neukölln verbrachte. Die nächste Station hieß SD Croatia, wo ihm prompt der Aufstieg von der Landes- in die Verbandsliga glückte.

Mit den Kroaten erlebte er vermutlich auch den Höhepunkt seiner Laufbahn: Im Berliner Pokalfinale 1994 traf der Landesligist SD Croatia auf den haushohen Favoriten 1. FC Union. Vor über 3.000 Zuschauern taumelten die Köpenicker von Trainer Frank Pagelsdorf am Rande einer Niederlage, doch gelang den Barbarez, Bennert, Rietpietsch und Co. nach Caljkusic' Führungstor durch einen Doppelschlag von Hofschneider und Markov ein knapper 2:1-Erfolg. "Aber auch jeder Aufstieg war bemerkenswert", fügt der seinerzeit eingewechselte Pocrnic schnell an. Allmählich hatte er dann auf dem Feld auch seine Position über den Umweg "Libero" gefunden. Der exzellente Techniker landete auf der linken Außenbahn, wo er gerade in der Spieleröffnung und in der Ballbehauptung Stärken besitzt.

Am längsten spielte der Verehrer Zidanes, der sich in der Spielweise an Patrick Vieira zu orientieren versucht und seine ehemaligen Trainer Husnije Fazlic (SD Croatia) als "Fachmann" und Robert Jaspert (Tennis Borussia) als "harten, aber fairen Arbeiter" zu schätzen lernte, für den SV Yesilyurt. Dies war nach 94 Spielen zwischen 2001 und 2006 auch seine letzte Station, bevor er in Hohenschönhausen anheuerte. Nun also Dynamo, wo er einen Zwei-Jahres-Vertrag besitzt. "Man bemühte sich sehr stark um mich. Die Strukturen sind einwandfrei, nahezu professionell. Und menschlich stimmt es in der Truppe obendrein", schwärmt Pocrnic, der beim BFC mit Torhüter Thomaschewski einen Weggefährten aus Croatia- und Tennis-Borussia-Zeiten wiedertrifft. Übrigens lagen ihm auch andere Angebote aus der Oberliga vor.

Nur schienen sie dem guten Robert nicht seriös genug. Ohne direkte Ziele zu nennen, deutet der vom 3. bis 13. August für die Bundesrepublik Deutschland bei der Polizei-Europameisterschaft in Nordrhein-Westfalen weilende Pocrnic das im Team offenbar vorhandene Potenzial an. "Man sieht doch am Beispiel der deutschen Nationalmannschaft, was mit Teamgeist zu erreichen ist", hofft der Fan des VfB Stuttgart auf ein erfolgreiches Jahr. Dynamo scheint sich also auf der linken Seite überdurchschnittlich verstärkt zu haben. Dass "Robby" während seiner Yesilyurt-Zeit nur einmal vom Platz gestellt werden musste, sei nur am Rande erwähnt.


Matthias Schodrowski, Fußballwoche-Sonderheft 2006/07, 04.08.2006


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