| Mario Weinkauf fiel ein Stein vom Herzen. "Das war ein wichtiges Signal. Es zeigt, daß es hier weitergeht", sagte der Präsident des BFC Dynamo. Seine Erleichterung war nachvollziehbar. Mit dem 4:0 gegen Hansa Rostock II gelang den Hohenschönhauser Fußballern am sechsten Spieltag der erste Sieg in der NOFV-Oberliga Nord. Ein winziger Lichtblick für den BFC, aber kaum mehr. Der frühere Serienmeister der DDR steckt in einer tiefen Krise, der Verein ist sportlich und finanziell schwer angeschlagen. Und offenbar intern zerstritten. Frustriert vom erfolglosen Bemühen, das schlechte Image Dynamos in der Öffentlichkeit zu verbessern, erklärte Pressesprecher Yiannis Kaufmann am Wochenende seinen Rücktritt, nachdem er zwei Wochen zuvor den Wirtschaftsrat des Klubs verlassen hatte. "Grundlegende Unterschiede in Bezug auf die Werte, die ein Verein vermitteln sollte", nennt der 54jährige als Begründung. Was sich harmlos liest, hat einen schwerwiegenden Hintergrund. Es geht um den Einfluß von Neonazis, Hooligans und rechtsgesinnten Rockern im Verein.
Kaufmann über den Auslöser für seinen Ausstieg: "Im Gegensatz zu Präsidium und Wirtschaftsrat sehe ich keinerlei Möglichkeit, mit aufrechter Haltung die eingestandene Entgegennahme von Sponsorengeldern aus Unternehmen wie ´Odins Klinge´ in der Öffentlichkeit zu erläutern." Der nach dem höchsten Germanengott Odin (nordische Form von Wodan) benannte Laden gehört zum "Germanenhof", einem Lokal in Hohenschönhausen, pflegt den Germanenkult und vertreibt Waffen, Schmuck und Literatur der germanischen Mythologie. Als starker Mann im Hintergrund gilt Andre Sommer. Das Mitglied der "Hells Angels" mischt auch beim als Hooligan-Treffpunkt bekannten "Berliner Fußball-Café" mit.
BFC-Boß Weinkauf widerspricht der Darstellung Kaufmanns, "Odins Klinge" sei Kleinsponsor. "Die 550 Euro, von denen die Rede ist, stammen aus der Ratenzahlung eines anderen Unternehmens", behauptet er, ohne die problematischen Geschäftsbeziehungen des BFC zu leugnen. Weinkauf: "Unser Umfeld ist nicht einfach. Auf jahrzehntelange Verbindungen können wir nicht von heute auf morgen verzichten." Dynamo braucht Geld. Zur Zeit wieder einmal besonders dringend, weil der neue Hauptsponsor "United Sol Energy" seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist. Von den vereinbarten 200.000 Euro hat der Klub noch keinen Cent gesehen. Die erste Rate in Höhe von 50.000 Euro ist überfällig, wird aber wohl nie beim BFC eingehen. Gerüchte kursieren, daß sich der Geschäftsführer des Unternehmens mit den liquiden Mitteln der Firma im Koffer in die Karibik abgesetzt habe. Ohne einen potenten Hauptsponsor aber ist die Finanznot programmiert.
Jede Siegprämie für das Oberliga-Team ist eine zusätzliche Belastung. "Uns droht keine Zahlungsunfähigkeit, Spieler und Trainer bekommen pünktlich ihr Geld", sagt Weinkauf zwar. Er räumt aber ein: "Vergangene Saison ging's für uns ums nackte Überleben. Das wußte nur keiner." Unbürokratische Hilfe ist der BFC-Führung deshalb jederzeit willkommen. Weinkauf: "Es gibt Männer, die geben schnell mal 500 Euro aus der eigenen Tasche, wenn die 2. F-Jugend ausgestattet werden muß." Wie BFC-Fan Sommer, dessen Sohn in der B-Jugend das Tor hütet. "Bei uns geht es um Sport", sagt Weinkauf. "Was der Chef eines Sponsorenunternehmens in seiner Freizeit macht, interessiert mich nicht. Der eine geht segeln, der andere spielt Golf oder fährt gern Motorrad." Kaufmann nennt diese Haltung "eine Verniedlichung" und "blauäugig". So komme der BFC nie aus dem Abseits heraus.
Horst Bläsig, Berliner Morgenpost, 21.09.2005
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