Bloß keine Grüppchen / Weil der Hauptsponsor nicht zahlt, steht der BFC Dynamo vor einer neuen Finanzkrise

Am Ende gab es versöhnliche Szenen. Die Fans baten die Mannschaft noch einmal lautstark vor ihren Block, und Rajko Fijalek, der Trainer des BFC Dynamo, sagte, seine Spieler hätten Oberliga-Format nachgewiesen: "Bis zum Winter werden wir die Abstiegsränge verlassen haben." Der Letzte der NOFV-Oberliga Nord zog aus dem 1:3 beim Ersten, Babelsberg 03, viel Mut, weil er über Phasen des Spiels ebenbürtig war. Dennoch verfinstert sich der Himmel über Hohenschönhausen immer mehr. Präsident Mario Weinkauf bestätigte, dass dem Verein eine Finanzkrise droht: Hauptsponsor United Sol Energy habe noch keinen Cent von der vertraglich vereinbarten Summe bezahlt (200.000 Euro), “die erste Rate von 50.000 Euro ist überfällig. Es kann sein, dass uns da eine juristische Auseinandersetzung bevorsteht", sagte Weinkauf. Und wohl auch Etatprobleme: Der Hauptsponsor deckt immerhin zwei Drittel des offiziellen Budgets ab.

Über die Gründe für die Auseinandersetzung mit dem Geldgeber, der von Mittelsmännern um den einstigen Weltklassetorwart Jean-Marie Pfaff zum BFC kam, kann nur spekuliert werden. Man wisse nicht, wie liquide das Unternehmen sei, sagt Weinkauf: "Uns wurde nur gesagt, dass Aufträge für 3,4 Millionen Euro vorliegen." Laut Dynamos Vereinsführung sei der Sponsor auch durch den umstrittenen Polizeieinsatz in der Diskothek Jeton vor drei Wochen verschreckt worden. "Das hat uns geschadet. In jedem Vertrag gibt es einen Passus, dass man ihn bei gewissen Vorfällen kündigen kann. Darauf beruft sich United Sol Energy", so Weinkauf. Ein Ende der Negativ-Nachrichten ist wohl nicht in Sicht: So wurden vor kurzem die Privatwohnung und das Büro des Fanbeauftragten durchsucht. Am Montag trifft sich nun Weinkauf mit ranghohen Polizeibeamten zu einer Aussprache. Parallel wird mit dem Sponsor verhandelt. Wobei es wahrscheinlich erscheint, dass der BFC allenfalls einen Teil der vereinbarten Summe erhält. Vorerst spielt die Mannschaft jedenfalls weiter mit dem Logo.

Zeitgleich suche man aber bereits einen neuen Hauptsponsor, denn der Verein braucht frisches Geld. Erst vor wenigen Tagen hatte der BFC die Restforderungen ehemaliger Spieler aus der vergangenen Saison erfüllen können. Für den BFC geht es mal wieder ums Überleben. Für Fijalek ist die Finanznot aber auch eine Chance. Eine erste Liste mit anderen Trainerkandidaten nach der Beurlaubung von Jürgen Piepenburg landete im Papierkorb, der 31-Jährige wurde zum Chef bis Saisonende befördert. In Babelsberg waren kleine Fortschritte sichtbar. "Es müssen keine elf Freunde sein, aber uns steht das Wasser bis zum Hals, da behindert Grüppchenbildung nur zusätzlich." Als erste Maßnahme gibt es nun Mannschaftsabende. Obendrein verabschiedete sich die Klubführung vom Saisonziel Platz eins bis fünf. Während sich Stadtrivale Union Berlin durch das magere 2:2 (2:1) gegen Motor Eberswalde immerhin in der Spitzengruppe behaupten konnte, musste BFC-Präsident Weinkauf eingestehen: "Nach diesem Start sind wir nicht mehr als ein Abstiegskandidat."


Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 12.09.2005