Innenausschuß billigt Hooligan-Einsatz / Polizeipräsident und Innensenator bezeichnen das Vorgehen in der Diskothek Jeton als "notwendig und rechtmäßig"

Polizeipräsident Dieter Glietsch hat gestern im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses ausführlich über den Polizeieinsatz am 21. August in der Friedrichshainer Diskothek "Jeton" berichtet. Der Einsatz, der sich gegen die gewaltbereite Hooligan-Szene im Umfeld des BFC Dynamo richtete, war in den letzten Tagen von vielen Seiten als unverhältnismäßig brutal kritisiert worden. Bis gestern wurden 76 Anzeigen gegen Polizeibeamte erstattet. Der Polizeipräsident bekräftigte nochmals, der Einsatz sei notwendig und rechtmäßig gewesen. Glietsch erklärte, seine Behörde habe Erkenntnisse darüber gehabt, daß sich in der Diskothek in der Nacht vom 20. auf den 21. August Rädelsführer der Hooliganszene versammelten, um Straftaten und Gewaltaktionen beim am nächsten Tag stattfindenden Oberligaspiel zwischen dem BFC Dynamo und Union Berlin zu verabreden. Diese Erkenntnisse, so Glietsch, hätten sich bestätigt.

Man habe mehr als 100 gewaltbereite Hooligans und andere polizeibekannte Personen festgenommen. Das harte Vorgehen beim Polizeieinsatz, bei dem jeder Widerstand im Keim erstickt werden sollte, begründete Glietsch mit der Gefährlichkeit der Hooligans. "Wir wissen aus Erfahrung und gesicherten Erkenntnissen, daß diese Personengruppe nicht nur zu Gewaltaktionen gegen Polizisten bereit ist, sondern solche Gewalttätigkeiten auch plant und vorbereitet", sagte der Polizeipräsident. Unter den BFC-Hooligans, so Glietsch weiter, gebe es außerdem einen harten Kern, der Kontakte zur Rockerszene unterhalte und im Bereich der Organisierten Kriminalität angesiedelt sei. "Die sind wegen ihrer Brutalität in der kriminellen Szene als Rollkommandos beliebt", sagte der Polizeipräsident.

Der Polizeipräsident erklärte zugleich, sollten bei dem Einsatz Unbeteiligte zu Schaden gekommen sein, bedauere er dies und werde sich entschuldigen. Ob dem so sei, müßte durch die derzeitigen Untersuchungen allerdings erst geklärt werden. Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verteidigte den Einsatz. Es gehe darum, im Kampf gegen Gewalttäter Zeichen zu setzen, sagte der Senator. Sollten einzelne Beamte übertrieben brutal vorgegangen sein, werde dies Konsequenzen nach sich ziehen. Er warnte allerdings vor Vorverurteilungen und einer pauschalen Diffamierung der Polizei als Ganzes. Der Innenausschuß billigte den Einsatz nach der Anhörung des Polizeipräsidenten ebenfalls. Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann, bislang einer der schärfsten Kritiker des Einsatzes, sagte gestern, er bestreite dessen Notwendigkeit nicht. Er warne aber davor, daß die überwunden geglaubten Zeiten brutaler Polizeieinsätze in Berlin zurückkehren.


Hans H. Nibbrig, Berliner Morgenpost, 30.08.2005