Polizei entschuldigt sich für Hooligan-Haue / SEK-Einsatz - Unschuldige verletzt, 77 Anzeigen gegen beteiligte Beamten

Der Prügeltanz in der Lichtenberger Diskothek "Jeton": Jetzt will sich Polizeipräsident Dieter Glietsch entschuldigen. Das versprach er gestern im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Nacht vorm Fußballspiel BFC gegen den 1. FC Union vor zwei Wochen: Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei (105 Mann) stürmt die Disko an der Frankfurter Allee, zerschlägt ein Treffen der Hooligans (KURIER berichtete). 158 Festnahmen, 21 Verletzte. Dazu dann 77 Strafanzeigen gegen Polizisten. Der Einsatz hatte gestern ein politisches Nachspiel im Innenausschuss. Polizeipräsident Glietsch gab zu, bei 47 der 158 Festgenommenen hätte es "keine polizeilichen Erkenntnisse" gegeben. Dies ändere aber nichts daran, dass der Einsatz "rechtmäßig" war. "Wir haben mögliche, geplante Gewalttaten verhindert", rechtfertigte Glietsch.

Trotzdem räumte der Polizei-Chef Fehler ein, etwa bei den Festnahmen: "Soweit im Einzelfall Unschuldige betroffen sind, bedaure ich dies sehr", sagte Glietsch. “Ich habe kein Problem damit, mich bei diesen Personen zu entschuldigen." Bei den 77 Anzeigen gegen die Polizei sind 39 vor allem wegen Körperverletzung gestellt worden. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) stellte sich trotz der Vorwürfe hinter seinem Polizeichef. "Ich halte es für richtig, wenn es die Polizei als ihre Aufgabe sieht, Gewalttaten im Vorfeld zu bekämpfen", sagte er. Der Grüne-Innenexperte Volker Ratzmann beschuldigte den Polizeipräsidenten, dass seine Leute in der Disko wie eine "germanische Streitaxt" das Recht gegen die Hooligans durchgesetzt und damit auch Unschuldige getroffen hätten. Fritz Felgentreu (SPD) und Frank Henkel (CDU) meinten, dass man aus diesem "normalen Polizeieinsatz kein Politikum machen" müsse.


Norbert Koch-Klaucke, Berliner Kurier, 30.08.2005