Verdächtigter Hooligan-Ermittler wurde versetzt / Polizeipräsident muß sich Montag vor Innenausschuß äußern

In den Affären um die Hooligan-Szene kämpft die Polizei zur Zeit an zwei Fronten. Zum einen wurde ein Ermittlungsteam im Landeskriminalamt (LKA) gegründet, das die Ereignisse in der Diskothek "Jeton" an der Frankfurter Allee in Friedrichshain untersuchen soll. Zum anderen laufen Ermittlungen gegen einen Polizeioberkommissar aus der "Ermittlungsgruppe Hooligan", der die Szene mit brisanten Informationen aus dem Dienstgebrauch versorgt und auch vor Razzien gewarnt haben soll. Der 40jährige (Name der Redaktion bekannt) soll laut Informationen dieser Zeitung während der Einnahme von Drogen fotografiert worden und mit diesen Aufnahmen zum Verrat an der Behörde erpreßt worden sein. Zudem soll er eben wegen der Drogen Geldschwierigkeiten gehabt haben.

Die Polizei wollte sich gestern nicht zu Details äußern. Fest steht, daß der Beamte nicht mehr in den Reihen der "Ermittlungsgruppe Hooligan" ist, sondern jetzt eine seinem "Dienstgrad entsprechende Tätigkeit" ausübt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Akte bald der Staatsanwaltschaft übergeben wird. Indes sollen acht Ermittler des LKA klären, ob bei dem Sturm der 100 SEK-Männer und Bereitschaftspolizisten auf die Diskothek "Jeton" in der Nacht zum Sonntag unverhältnismäßig hart durchgegriffen worden war. 21 Verletzte stehen in der Bilanz, mittlerweile sind 40 Anzeigen von 22 Betroffenen eingegangen. Die Vorwürfe: Körperverletzung, Sachbeschädigung, Freiheitsberaubung. Das Ermittlungsteam "Jeton" arbeitet mit einem Staatsanwalt zusammen, der eigens für die Untersuchungen von der Anklagebehörde abgestellt wurde.

Der Sprecher des Polizeipräsidenten, Bernhard Schodrowksi, betonte gestern, daß Polizeipräsidenten Dieter Glietsch an einer schnellen und rückhaltlosen Aufklärung interessiert sei. Dieser muß am kommenden Montag im Innenausschuß erklären, warum seine Einsatzkräfte so massiv vorgegangen sind. Einen Rückzieher hatte die Polizeiführung bereits machen müssen. Nachdem es zunächst geheißen hatte, der Polizeieinsatz sei deshalb so verlaufen, weil die Beamten mit Flaschen, Gläsern und Einrichtungsgegenständen angegriffen worden seien, mußte der Polizeichef diese Darstellung am Dienstag korrigieren - es gab keinen Widerstand. Durch den Einsatz sollten Zusammenstöße gewaltbereiter Fans der Oberliga-Vereine 1. FC Union und BFC Dynamo verhindert werden. Tatsächlich blieben befürchtete Krawalle aus, die Polizei argumentierte so, daß die Hooligans ihrer Führungsköpfe beraubt gewesen seien.


Michael Behrendt, Berliner Morgenpost, 26.08.2005