Ranghoher Polizist hilft Hooligans / Drogenabhängiger Beamter verrät Dienstgeheimnisse an Gewalttäter - Debatte über Razzia hält an

Der Berliner Polizei droht ein handfester Skandal: Nachdem Polizeipräsident Dieter Glietsch am Dienstag einen Bericht dieser Zeitung bestätigt hat, wonach es Hinweise auf einen Beamten der "Ermittlungsgruppe Hooligan" wegen Verrats von Razzien an die Szene gibt, werden nun Einzelheiten bekannt. Bei dem Mann handelt es sich um einen hochrangigen Führer dieser Spezialdienststelle. Sein Name ist der Redaktion bekannt. Eben dieser Beamte gilt als sehr erfahren. Gerade sein Engagement hat ihn in der Berliner Hooligan-Szene zu einem verhaßten Fahnder gemacht. Er gilt als "harter Hund". Wie diese Zeitung erfuhr, soll er jedoch Drogenprobleme gehabt und sich deshalb zum Verrat der Dienstgeheimnisse hinreißen lassen haben. Wie Glietsch am Dienstag betonte, befinde sich der Beamte noch im Dienst, sei allerdings nach Bekanntwerden der Vorwürfe versetzt worden.

Unterdessen hält die Debatte über den Polizeieinsatz in der Friedrichshainer Diskothek "Jeton" am vergangenen Wochenende an. Bei der Razzia gegen Hooligans wurden mehr als 20 Menschen verletzt. Betroffene und Augenzeugen warfen der Polizei anschließend maßlos übertriebene Härte vor. Volker Ratzmann, Fraktionschef der Grünen im Abgeordnetenhaus, nannte den Einsatz gestern eine "Blutgrätsche", für die es die rote Karte geben müsse. Das Image der Stadt als weltoffene Metropole habe ein Jahr vor der Fußball-Weltmeisterschaft einen schweren Knacks erlitten, sagte Ratzmann. CDU-Generalsekretär Frank Henkel hingegen bezeichnete das Vorgehen der Einsatzkräfte als verständlich und richtig. Schließlich sei bekannt, daß Hooligans extrem brutal aufträten.

Auch Eberhard Schönberg, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), verteidigte die Beamten. "Das ist kein Knabengesangverein, da können sie nicht anklopfen und sagen: ,Guten Tag, wir möchten sie festnehmen'", sagte Schönberg gestern. Bestärkt wird die Auffassung der Verteidiger des Einsatzes auch durch einen polizeiinternen Bericht, der dieser Zeitung vorliegt. Darin werden brutale Übergriffe von Hooligans aus dem Umfeld des BFC Dynamo bei einem Einsatz Anfang dieses Monats detailliert aufgelistet. Ausführlich beschrieben wird auch, wie Angriffe auf Polizeibeamte präzise geplant und vorbereitet werden. Der Autor des Berichtes spricht dabei von einer völlig neuen Qualität der Gewaltbereitschaft seitens der Hooligan-Szene. Offenbar, so heißt es in dem Bericht, wolle sich die Szene für die Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr fit machen.


Michael Behrendt / Hans H. Nibbrig, Berliner Morgenpost, 25.08.2005