Die Manöver des BFC

Beim Berliner Fußballclub Dynamo betonen sie gerne die hehren Taten der Gegenwart. Kaum ein Tag vergeht ohne Pressemitteilung, in der eine heile Welt in Weinrot und Weiß dargestellt wird. Immer wieder wird dabei auf die sehr gute Jugendarbeit verwiesen, die der BFC Dynamo bereits im Kindergarten startet. Das ist die eine Seite, die durchaus lobenswerte. Doch am Sonntag hat der Verein wieder einen Schritt zurück in die Vergangenheit getan und viele der Bemühungen zerstört, endlich den Makel abzulegen, ein Hort der Ewiggestrigen zu sein. In der DDR war Dynamo der Verein der Staatssicherheit, nach der Wende ein Tummelplatz für Horden von Hooligans; dagegen anzukämpfen ist nicht leicht. Doch nun klingt es wie Hohn, dass die BFC-Führung zuletzt häufig erklärt hatte, man distanziere sich von jener Klientel, die den Fußballplatz für ihren Aggressionsabbau missbraucht.

Dazu passt nicht der äußerst fragwürdige Versuch, die Oberligapartie beim 1. FC Union abzusagen, weil die Polizei einen nächtlichen Einsatz gegen eine Gruppe von Fans der Kategorie C gefahren hat. Dabei handelt es sich um Hooligans, um Rowdies, die bereits mehrfach gewalttätig geworden sind und Straftaten am Rande von Fußballspielen begangen haben. Es handelt sich nicht um harmlose Zuschauer, die unschuldig und rein zufällig ins Visier der Behörden gelangt sind. Ein Unding also, dass Vereinsführung und Mannschaft sich mit solchen Feinden des Sports solidarisch erklären. Das Team hat sogar über die Absage der Partie abgestimmt und sich mit knapper Mehrheit für das Spiel entschieden, was dem Routinier Hendryk Lau gar nicht gepasst hat. Denn der erklärte: "In diesem Land wird ein Fußballfan schlimmer behandelt als mancher Schwerverbrecher." Auch Jörn Lenz sagte, er spiele für seine Fans, die noch inhaftiert seien oder bei der nächtlichen Auseinandersetzung Verletzungen erlitten haben: "Wir sind ein Verein."

Es ist schwer darüber zu urteilen, was vorgefallen ist in der Diskothek Jeton in der Nacht zum Sonntag. Hat die Polizei wirklich überzogen und unverhältnismäßig reagiert? Es wäre ja wirklich nicht das erste Mal. Sitzt im WM-Jahr der Knüppel zu locker? Andererseits darf man wohl annehmen, dass in diesem Land Durchsuchungs- und Haftbefehle einer intensiven Prüfung unterliegen, bevor sie ausgestellt werden. Der Berliner Fußballverband mit seinem Präsidenten Bernd Schultz und der Staffelleiter des Nordostdeutschen Verbandes, Bernd Wusterhausen, haben am Sonntag unaufgeregt reagiert. Sie haben den Versuch des BFC, das Spiel abzusagen, entschieden abgeblockt, mit zunehmender Verärgerung. Was lernt man vorerst aus diesem Tag? Niemand wird den BFC und seine überforderte Führung noch ernst nehmen, wenn es um die Bekämpfung von Gewalt im Fußball geht.

Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 22.08.2005