Polizei stürmt Hooligan-Party / Gezielte Aktion des SEK gegen gewaltbereite Fans von BFC Dynamo - 180 Personen festgenommen

Mehr als 300 Polizisten haben in der Nacht zu Sonntag eine Diskothek am Bahnhof Frankfurter Allee in Friedrichshain gestürmt. Das Lokal gilt als Treffpunkt gewaltbereiter Hooligans. An der Aktion waren allein 100 Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus drei Bundesländern beteiligt. Laut Polizei kam es zu massivem Widerstand der Veranstaltungsteilnehmer, 180 Personen wurden festgenommen, es gab fünf Verletzte. 145 Festgenommene befanden sich noch gestern nachmittag in Gewahrsam. Ziel des Einsatzes war, vor dem Fußballspiel zwischen den Oberligisten 1. FC Union und BFC Dynamo Rädelsführer der gewaltbereiten Fußballfanszene namhaft zu machen und mögliche Ausschreitungen bei dem Derby zu verhindern. 1.10 Uhr: Zwei extra angemietete Busse der BVG halten vor dem Lokal, in dem sich zu diesem Zeitpunkt etwa 370 Fans des BFC Dynamo aufhalten. Schwerbewaffnete und vermummte SEK-Beamte stürmen die Disko.

hnen folgen Bereitschaftspolizisten, die den Eingang sofort mit Flatterleinen absperren. In dem mehrgeschossigen Lokal kommt es zu handfesten Auseinandersetzungen. Trotz der Übermacht der Staatsgewalt suchen viele Hooligans die Schlägerei. Ihre Freundinnen feuern sie dabei noch an. Biergläser fliegen durch die Luft, Tische und Barhocker stürzen um. Der Discjockey wird überwältigt, die Musik verstummt. Nur Minuten später bringen Rettungssanitäter der Feuerwehr erste Verletzte ins Freie, die meisten von ihnen haben Kopfplatzwunden. Eine junge Frau erleidet einen Kreislauf-Zusammenbruch, dann erst kehrt Ruhe ein. Zu diesem Zeitpunkt liegt ein Großteil der Hooligans mit Plastik-Bändern gefesselt auf dem Boden.

Nach und nach werden sie fotografiert und anschließend zur Gefangenensammelstelle transportiert. Dem Betreiber wird von den Beamten der Gerichtsbeschluß ausgehändigt. Nach einer Stunde können die Frauen das Lokal verlassen. Viele von ihnen harren im Regen aus, um auf ihre Freunde zu warten. Immer wieder werden die Einsatzkräfte beschimpft. Es werden zahlreiche Anzeigen wegen Beleidigung und auch wegen der Widerstandshandlungen geschrieben. Die genaue Zahl stand gestern noch nicht fest, die Einsatzberichte müssen noch ausgewertet werden. Der Betreiber der Diskothek sprach von einem zu harten Durchgreifen. "Wir hatten hier einen Junggesellenabschied. Die Polizei hat Teile der Einrichtung zerstört. Hier wurde doch nur friedlich gefeiert." Der BFC Dynamo kritisierte die Polizei ebenfalls, entschied daher erst eine Stunde vor dem Anpfiff, das Team gegen Union antreten zu lassen.

Einsatzleiter Michael Knape sagte dagegen, daß die Party nur ein Vorwand für die Hooligans war, um die Taktik für den gestrigen Tag abzusprechen. "Wir hatten Hinweise, daß hier polizeibekannte Fußball-Fans zusammengekommen sind, um sich zum ,schweren Landfriedensbruch' zu verabreden." Wie diese Zeitung erfuhr, hatten Aufklärungseinheiten polizeibekannte Gewalttäter bereits im Vorfeld der eigentlichen Razzia erkannt. Laut Polizeisprecher Bernhard Schodrowski lag ein Durchsuchungsbeschluß vor. "Wir wollten mögliche Rädelsführer identifizieren und gefährliche Gegenstände sicherstellen. Für manche Fußball-Fans dieser Art steht nicht das eigentliche Spiel im Vordergrund, sondern lediglich die Auseinandersetzung mit den Fans. Sie suchen also die Gewalt, nehmen auch schwere Verletzungen anderer Menschen in Kauf. Es ist Auftrag der Polizei, so etwas zu verhindern."


Michael Behrendt / Axel Lier, Berliner Morgenpost, 22.08.2005