Union demütigt Dynamo / Die Köpenicker gewinnen das Prestige-Duell in der Fußball-Oberliga 8:0

Mehr als 14.000 Zuschauer, acht Tore, traumhaftes Wetter - der gestrige Nachmittag an der Alten Försterei hätte zu einem ungetrübten Fußball-Fest werden können. Doch das Duell in der Oberliga Nordost, Staffel Nord, zwischen dem gastgebenden 1. FC Union und dem BFC Dynamo war vor allem von großem Haß geprägt. Obwohl seit der Wende mehr als 15 Jahre vergangen sind, ist die Rivalität aus DDR-Zeiten ungebrochen. Daß sich die Machtverhältnisse geändert haben, war gestern auch auf dem Rasen deutlich zu erkennen. Der einst übermächtige Stasi-Klub ging in Köpenick mit 0:8 (0:2) unter. Während der 1. FC Union am dritten Spieltag den zweiten Sieg einfuhr, kassierte Dynamo die dritte Niederlage in Folge. Der Stuhl von Trainer Jürgen Piepenburg wackelt deshalb schon jetzt. "Ich werde versuchen, die Mannschaft aus dem Tal zu führen. Ob ich dazu auch die Gelegenheit erhalten werde, weiß ich allerdings nicht", äußerte der 64jährige Zweifel daran, ob er noch das Vertrauen von BFC-Präsident Mario Weinkauf genießt.

Dieser wollte sich gestern nicht in die Karten blicken lassen, erklärte lediglich, daß es in dieser Woche ein Gespräch zwischen der Vereinsführung und dem Trainer geben werde. Die Wut über das Debakel konnte der BFC-Präsident jedenfalls nur schwerlich unterdrücken. Hatte er in der ersten Halbzeit noch eine intakte Mannschaft gesehen, wurde er nach der Pause bitter enttäuscht. "Ich verstehe nicht, wieso die Spieler nicht mehr gekämpft und sich scheinbar willenlos in ihr Schicksal gefügt haben", war Piepenburg ob der Vorstellung seines Teams ratlos. Dabei waren es die Unioner, die vor der Traumkulisse nervös begannen. Als Schiedsrichter Helmut Bley das Spiel mit 27minütiger Verspätung anpfiff, weil noch viele Zuschauer an den Kassen gestanden hatten, bekamen einige Spieler des Gastgebers offenbar schwere Beine. Der BFC Dynamo hätte nach einer Viertelstunde mit zwei Toren Unterschied führen können. Erst dann fand der Favorit sein Selbstbewußtsein wieder. Als Torsten Mattuschka dann nach 16 Minuten das erste Mal traf, war der Bann gebrochen. Union hatte Torchancen zuhauf, hätte bereits zur Pause hoch führen können. Doch mehr als ein weiterer Treffer von Mattuschka (34.) sprang zunächst nicht heraus.

Nach dem Wechsel spielte nur noch der 1. FC Union, und diesmal wurden auch fast alle Chancen verwertet. Grubert (47./68.), Benyamina (77.), Heinrich (80.), und noch zweimal Benyamina (82./89.) sorgten dafür, daß die Unions-Fans aus dem Jubeln nicht mehr herauskamen. "Ich hatte meinen Spielern gesagt, daß sie sich mit einem deutlichen Sieg bei den Fans für ihre Treue bedanken können. Es hat geklappt", freute sich Union-Trainer Frank Lieberam. Das Unternehmen Wiederaufstieg in die Regionalliga soll weiter angepackt werden. Dagegen verließen die Verantwortlichen und Spieler des BFC Dynamo die Alte Försterei schwer enttäuscht. Der nächtliche Polizeieinsatz gegen ihre Fans und die sportliche Demütigung drücken auf die Stimmung. "Wir hatten gestern überlegt, die Begegnung aus Angst um die Sicherheit der Spieler abzusagen. Trotz der Pleite war es gut, daß wir es nicht gemacht haben", sagte BFC-Präsident Mario Weinkauf. Dafür bekommt er sogar Zustimmung von den Union-Fans.


Dirk Banse / Sebastian Schlichting, Berliner Morgenpost, 22.08.2005