Interview mit Jürgen Piepenburg

Welcher Umstand hat Sie und ihre Kicker nach Gusow verschlagen. War ihnen der kleine Ort bereits in der Vergangenheit ein Begriff?
Piepenburg:
Ehrlich gesagt, nein. Das Trainingslager kam durch unseren Mannschafsbetreuer Detlef Mende zustande, der ist nämlich ehemaliger Seelower.

Herr Piepenburg, nicht wenige Fans heben ihre Elf bereits jetzt auf den Favoritenschild. Wie gehen sie mit der Rolle des vermeintlichen Liga-Giganten um?
Piepenburg:
Eigentlich ganz gut. Das zeigt doch nur, dass unsere Anhänger Vertrauen in ihr Team setzen. Aber auch andere Mannschaften spielen guten Fußball. Ich denke da vor allem an Union Berlin, Tennis Borussia Berlin, Babelsberg 03 und MSV Neuruppin. Erfahrungsgemäß wird sich sicher in das Titelrennen noch eine Überraschungself gesellen. Ein erstes Resümee kann ohnehin erst nach fünf oder sechs Partien gezogen werden.

Stört es Sie nicht, weites gehend eine Mannschaft übernommen zu haben, auf deren Zusammenstellung Sie kaum Einfluss nehmen konnten?
Piepenburg:
Sicherlich hätte ich ganz gern den einen oder anderen Leistungsträger behalten, wie es in der Planung der neuen Spielzeit noch vorgesehen war. Aber was nicht ist, ist nun einmal nicht. Ich hatte trotzdem das Glück, einen jungen, willigen sowie hungrigen Kader vorzufinden. Viel wird vom Saisonstart abhängen.

Der Erfolgsdruck war in den vergangenen Jahren ein ständiger Wegbegleiter des BFC. Dies wird sich unter Piepenburg kaum ändern.
Piepenburg:
Logisch. Der Vorstand erwartet vorsichtig formuliert einen Rang unter den ersten Fünf. Allerdings gebe ich diesen Druck keinesfalls an meine Spieler weiter, sondern werde versuchen, diesen auf unseren Schultern zu verteilen. Mit uns meine ich meine Person und Bodo Rudwaleit. Allerdings werden sich die Spieler keineswegs aus der Verantwortung stehlen können, dafür jedoch aus der vordersten Schusslinie.

Als Nachfolger des unbequemen, aber erfolgreichen Christian Backs sind an ihre Person hohe Erwartungen geknüpft...
Piepenburg:
Sicherlich hat der Verein mich nicht verpflichtet, um die Klasse zu halten. Das ist auch nicht mein Ziel oder Philosophie. Allein: Ein Tabellenplatz, den man gerne erreichen möchte, lässt sich nicht herbeizaubern. Vier, fünf oder sechs Klubs wollen am Ende an erster Stelle stehen.

Zur Mannschaft: Mit BFC-Urgestein Jörn Lenz und Robert Rudwaleit verfügen Sie fraglos über eine bärenstarke Innenverteidigung, auch das Mittelfeldgefüge stimmt. Sorgenkind bleibt die Angriffsformation...
Piepenburg:
Es ist richtig, dass uns in der Sturmreihe ein absoluter Knipser fehlt. Aber mit diesem Problem stehen wir glücklicherweise nicht allein da.

Wird personell noch mal nachgelegt?
Piepenburg:
Bis zum Saisonstart am Freitag, 3. August (19.30 Uhr), beim SV Yesilyurt sicherlich nicht. Sollten wir aber nach der ersten Halbserie noch aussichtsreich im Titelrennen liegen, spricht eigentlich in der Winterpause nichts dagegen. Solange werden jedoch andere die Kastanien aus dem Feuer holen müssen.

Sie sprechen die zahlreichen sich auf dem Sprung befindenden Talente an. Sind Sie wirklich der Auffassung, mit diesem "Kindergarten" den Meisterschaftskurs einschlagen zu können?
Piepenburg:
Der Sprung in die Oberliga ist nicht eben gering. Allerdings verspüre ich noch genügend Feuer in mir, das ich auf meine jungen Wilden übertragen werde. Da ist sicherlich einiges möglich - im positiven, wie im negativen Sinn.

Ganz so einfach wird’s dann doch nicht werden...
Piepenburg:
Zweifelsfrei. Aber es ist an mir die Spieler zu führen, zu motivieren und ihnen das nötige Selbstvertrauen letztlich einzuimpfen.

Wie lange, glauben Sie, können Sie in Ruhe arbeiten?
Piepenburg:
Kritik wird mit der ersten Niederlage kommen. Und dann muss ich als Trainer mit dem Vorstand klar und sachlich die Gründe erörtern. Es ist das gute Recht der Vereinsführung zu fragen: Trainer, warum haben wir die Partie nicht gewonnen? Ich hoffe, es wird akzeptiert, wenn ich sage, dies und jenes waren die Gründe. Auch unter meiner Regie wachsen die Fußballbäume nicht in den Himmel. Das wäre wahrlich viel zu einfach.

Auf ein letztes Wort. Ihr Engagement in Schöneiche endete nicht eben in Frieden...
Piepenburg:
Das stimmt: Doch dabei will ich es auch belassen. Es war eine schöne Zeit, die ich nicht mehr missen möchte und schmutzige Wäsche wird heutzutage in doch ausschließlich in Waschmaschinen gewaschen.

Herr Piepenburg, vielen Dank für die offenen Worte und alles Gute für Sie und ihre Mannschaft für die kommende Spielzeit.
Piepenburg:
Ich habe zu danken und wünsche allen Lesern und Leserinnen der Märkischen Oderzeitung eine ereignisreiche Saison mit ihren jeweiligen Lieblingsvereinen.


Udo Plate, Märkische Oderzeitung, 18.07.2005