Aus den Unterklassen / Wasser marsch!

Obgleich der BFC Dynamo unter der Woche seines Trainers Christian Backs verlustig ging, spielte er am Sonntag vor 947 zahlenden Zuschauern bei seinem Auswärtsspiel im Jahn-Sportpark gegen den SV Yesilyurt groß auf. Für beide Mannschaften ging es um nicht mehr viel. Beide Vereine schnarchen in der Tabelle jenseits von gut und böse. So hätte man den Ball entspannt rollen lassen können. Die Freunde von Yesilyurt hielten sich auch an diese Regel und waren in Gedanken schon im Skiurlaub. Besonders ihr Torwart scheint ein großer Schneeforscher zu sein. Die Ballartisten aus Hohenschönhausen jedoch schien die besondere Aura des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks zu beflügeln. Immerhin hatte der Club dort früher seine großen Jahre erlebt. Und der Geist von Terletzki, Riediger & Co. war mit ihnen. Unterstützt von 807 Fans wirbelte der BFC von Anbeginn geschmackvoll über das Feld.

Neben den Anhängern der beiden Clubs, wobei die Yesilyurt-Fraktion aus geschätzten 15 Fans bestand, waren noch gut 100 Herren in grün zugegen. Sie hatten sich mal was Neues einfallen lassen. Vor dem Block der BFCer stand an drei Wasserschläuchen jeweils ein Beamter bereit. "Falls es Straftaten im Block geben würde, sollte von der Wasserkraft Gebrauch gemacht werden. Allerdings erst dann, wenn der Ordnungsdienst nicht in der Lage wäre, Störungen zu stabilisieren", so der verantwortliche Polizeioberrat Thomas Böttcher. Er empfindet den Einsatz von Wasser huldreicher gegenüber jenem von Reizgas oder Schlagstock. BFC-Präsident Weinkauf hingegen empfand diese Polizeimaßnahme als gewöhnungsbedürftig und antwortete auf die Frage, wer neuer Trainer werden würde, Erich Mielke.

Weinkauf und einige andere BFC-Offizielle fußten während des gesamten Spieles auf der Tartanbahn vor dem BFC-Block: "gelebte Sicherheitspartnerschaft" mit der Polizei. Auf dem Spielfeld machte sich der BFC munter ans Werk und ging schon früh durch Rani Al-Kassem in Führung. Die Weinrotweißen kombinierten besser und waren immer einen Tick schneller unterwegs. So wurden Latte und Pfosten stark frequentiert, bis der Ball endlich zum verdienten 2:0 im Netz zappelte. Der BFC schoß noch zwei weitere Tore, Pfosten und Latte verhinderten ein Debakel für Yesilyurt. 4:1 lautete das Endergebnis bei entzückendem Wetter. Die BFC-Fans waren gut gelaunt über den erstaunlich deutlichen Erfolg ihres Teams und sangen ein buntes Repertoire an Pionierliedern ab. Die sonst eher maulfaule Fanfraktion machte in Sachen Fröhlich sein und singen Punkte gut. Nach dem Spiel holten sich die Fans ihre Lieblinge in die Kurve und feierten gepflegt.

Der Begrenzungszaun wurde von 20 Fans geentert, nicht ungewöhnlich in den Fußballstadien der Welt. Doch ein überhitzter Polizeizugführer hatte etwas dagegen. Er sandte 15 Polizisten in den Ring. Angeführt vom Mannschaftskapitän Nico Thomaschewski klatschten die Spieler ihre Fans ab, bis der Zug ins Stocken geriet. Einige Polizisten hatten einen Fan vom Zaun in den Block gerissen. Dessen Brille zerbrach, und ein kleines Getümmel, inklusive Wassereinsatz, entwickelte sich. Bevor der unbesonnene Zugführer weiteren Schaden anrichten konnte, betrat Polizeioberrat Böttcher den Fanblock. Dank seines furchtlosen Einsatzes eskalierte die Angelegenheit nicht. Nach einer Weile trotteten die Beamten aus dem Block, verhöhnt vom BFC-Anhang. Die aufgebrachten Fans spotteten noch ein paar Minuten und bummelten mit Wut im Bauch durch den Prenzlauer Berg. Beste Voraussetzungen, einen Tag friedlich zu Ende zu bringen?


Frank Willmann, Junge Welt, 26.04.2005