Zoff um Meistersterne

Dafür, dass es sich um ein unbedeutendes Oberligaspiel handelte, war das Medien- und Fanaufkommen im Sportforum gewaltig. Mehr als die Partie zwischen dem BFC Dynamo und den Cottbuser Amateuren (0:1) interessierten jedoch die Sterne der Berliner. Deren drei prangten erstmals auf den BFC-Trikots. Die DFL hatte derartige Meistersymbole vor Beginn der laufenden Saison eingeführt. Einen Stern gab es für den Gewinn von drei Meisterschaften, zwei für fünf Titel. Für drei Sterne sind zehn Ehrungen erforderlich. Die DFL beschränkte die Vergabe der Sterne jedoch nur auf die Zeit seit Einführung der Bundesliga 1963. So gingen beispielsweise Nürnberg (vorher 8 Titel) oder Schalke (7), aber auch frühere DDR-Vereine wie der BFC (10) und Dresden (8) leer aus. Während viele betroffene Klubs und der DFB die Abwertung von Meisterschaften hinnahmen, reiften beim BFC Träume.

Der DDR-Rekordmeister wollte wie der 18-fache Champion Bayern München drei Sterne auf den Hemden tragen. Der DFB behandelte den Sachverhalt am 18. März. Eine Pressemitteilung gab es nicht. Lediglich DFB-Vizepräsident Hans-Georg Moldenhauer informierte den Verein am 21. März über die geplante Ausweitung der Stern-Regelung auf alle Ost- und West-Meister seit 1903. Der bei Sponsoren und Medien verzweifelt um Interesse ringende BFC ist damit ein bundesweiter Aufreger. Der einstige Europacup-Teilnehmer polarisiert über 15 Jahre nach der Wende immer noch. Kritiker halten die postume Ehrung des einst von der Staatssicherheit der DDR geförderten und von Schiedsrichtern speziell in der 80er Jahren nachweislich bevorteilten Vereins politisch für fragwürdig. Sympathisanten verweisen auf die Jugend- und Fanarbeit des Vereins, der sich (vergeblich) bemüht, sein Stasi- und Naziimage abzuwerfen.

Selbst dem DFB wurde es zu heiß. Nun soll jene DFL ein letztes Urteil treffen, die sich bereits im Sommer 2004 schriftlich für nicht zuständig erklärte. Der BFC streifte die Sternentrikots deshalb eigenmächtig über - selbst wenn DFB, DFL und NOFV vorher per Fax informiert wurden. Da auch bei den potenziell neuen Sternträgern Nürnberg, Schalke, Dresden (je 2 Sterne), Köln, Aue und Magdeburg (je 1) Freude aufkam, sollten die Verbände die ”Kröte" BFC schlucken. Immerhin hatten und haben etliche Bundesligavereine ehemaligen Dynamos wie Doll, Götz, Reich, Rohde, Rydlewicz und Thom einiges zu verdanken. Sie alle waren Spieler eines Verbandes (DFV der DDR), der 1990 gleichberechtigt - ohne Wenn und Aber - in den DFB eingegangen ist.

Matze Koch, Fußballwoche, 29.03.2005