Ballgewandter Advokat

Der Anwalt Philipp Hackländer betreut als Insolvenzverwalter die Berliner Klubs Tennis Borussia und BFC Dynamo
Beim Amtsgericht in Charlottenburg hat man nicht lange überlegt: Klar doch, das sind zwei Fälle für den drahtigen, schnellen Rechtsaußen der Kanzlei Schröder Rechtsanwälte: Philipp Hackländer, 34, ist Mitarbeiter der Berliner Sozietät, Spezialist für Insolvenzrecht - und Mitglied im Fußballteam der Kanzlei, deren insgesamt fünfzehn Advokaten auch äußerst erfolgreiche Freizeitkicker sind. Erst dieser Tage wurde die Hans-Rosenthal-Gedächtniself von Tennis Borussia mit 9:3 bezwungen, Hackländer war einer der Torschützen. Tags darauf hat er sich wieder mit den unschönen Zahlen rund um TeBe beschäftigt, ebenso mit denen des BFC Dynamo. Das Gericht hat ihn zum Insolvenzverwalter für beide Traditionsvereine bestellt. "Vermutlich, weil man sich von mir als Fußball-Fan besonderes Verständnis für die Situation der Clubs erhofft", sagt Hackländer.

Die Arbeit mit den Fußballklubs empfindet er als Abwechslung. "Endlich mal keine Baufirma, die zurzeit reihenweise Pleite gehen", sagt er lächelnd und spricht von "einer Liebhaberei". Auf ihre Kosten kommt seine Kanzlei im Fall Dynamo nicht mehr. Seit November 2001 läuft das Verfahren bereits. Damals wurden 15.000 Euro für die Eröffnung an den Anwalt bezahlt. Einen Insolvenzplan konnte der bis heute aber nicht erstellen - zu komplex ist die Situation bei 170 Gläubigern und 3,6 Millionen Euro Schulden. Von Tag zu Tag sinke die Chance auf einen positiven Abschluss - es wächst die Gefahr, dass der Verein zerschlagen wird. Aktuell läuft zwar der Spielbetrieb in der Verbandsliga weiter, auch mit beeindruckendem Saison-Etat (125.000 Euro) - doch offiziell hat der Verein keine Verträge mit Spielern. Denn da dürfte Hackländer gar nicht zustimmen.

So haben private Geldgeber Abmachungen mit den Kickern, zu denen neuerdings auch ehemalige Profis wie Jörg Schwanke (zuletzt Dresdner SC, ehemals 1. FC Union) und Jörn Lenz (VfB Leipzig) zählen. Die Abmachungen mit ihnen würden in einer rechtlichen Grauzone abgeschlossen, sagt der Insolvenzverwalter. BFC-Präsident Mike Peters spricht derweil von einer bevorstehenden Einigung mit dem Landesarbeitsamt als Gläubiger für die Masseforderungen, die im Rahmen einer erfolgreichen Insolvenz in jedem Fall beglichen werden müssen. Denn dabei handelt es sich vor allem um ausstehende Gehälter von ehemaligen Angestellten. 204.000 Euro waren das einst, Mike Peters will sie inzwischen deutlich gedrückt haben. "Zu 99,9 Prozent gibt es einen positiven Ausgang im Insolvenzverfahren", sagt er: "In spätestens acht Wochen ist alles vorbei."

Alles klar also für den Neubeginn als gesunder BFC Dynamo, der nach Ansicht von Peters mittelfristig zurück in den Profifußball gehört? Abwarten. Hackländer sieht das differenzierter. Nach fast zwei Jahren Arbeit mit dem BFC hat er immer wieder gehofft, "dass endlich Geld zur Verfügung gestellt wird. Aber es gab keines." Die vergangene Saison, sagt er, habe zudem bewiesen, dass in der Verbandsliga kein Verein mit den Ansprüchen des BFC (Peters: "Wir werden aufsteigen!") kostendeckend geführt werden kann. "Da musste ordentlich zugebuttert werden", sagt Hackländer. Den Winter überstand Dynamo mit einem Privatkredit. Und dann sind da ja noch die vielen Gläubiger, mit denen man sich über eine Quotenregelung für ihre Forderungen (zwischen einem und zehn Prozent) noch lange nicht einig ist.

"Man muss hoffen, dass alle ein Weiterleben des Vereins wollen", sagt Hackländer: "Zum Jahresende muss das Verfahren entschieden sein. So oder so." In Sachen TeBe klingt er wesentlich optimistischer. Da sind es nur 30 Gläubiger und 250.000 Euro Schulden. "Das läuft klar auf eine Sanierung hinaus", sagt Hackländer, der das Verfahren bald abschließen will. Mitte Juli ist bereits Gläubigerversammlung. Der Vorteil: Die Spieler verdienten zuletzt nur noch 150 Euro pro Monat, die Verträge liefen Ende Juni aus. So liegen die Masseverbindlichkeiten lediglich bei rund 20.000 Euro. Der Etat für die neue Saison (220.000 Euro) soll zu drei Vierteln stehen. "Bei TeBe gibt es einige zahlungswillige Sponsoren und eine viel einfachere Gläubigerstruktur als beim BFC", so Hackländer. So könnte es sein, dass der ballgewandte Advokat nur einen Verein ins Ziel bringt.


Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 25.06.2003