Der Kindergarten Sportforum / Der BFC beginnt früh mit der Nachwuchsförderung

Cem ist sechs Jahre alt und könnte mal ein richtig guter Fußballer werden. Jasmin ist erst vier, bewegt sich aber schon schnell für ihr Alter. Wenn Michael Dehnert, jeden Dienstagmorgen mit Kleinkindern seine Sportstunde eröffnet, wird er auch zum Talentspäher. Der 24-jährige ist Leiter vom neu geschaffenen Projekt "Lernen durch Spielen, Austoben und Bewegen", organisiert vom Berliner Fußballverein BFC Dynamo. Einmal in der Woche werden Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren aus ihren Kindergärten abgeholt, mit Bussen zum Sportforum Hohenschönhausen gefahren und dort mit dem Ball beschäftigt. Normalerweise ist Dehnert Fußballer im Verbandsligateam des BFC, hier wird er zum Pädagogen. Es gehe ihm nicht nur um Fußball. "Die Kinder sollen im frühen Alter spielerisch ihren Körper kennen lernen und Abwechslung vom Kita-Alltag gewinnen", sagt Dehnert, während einige Kleine gerade die Aufgabe haben, einen Ball gezielt in eines von fünf Feldern zu werfen.

Ein paar schmeißen die Kugel schon präzise, andere tun sich schwer. Mit den Stunden der Kinderbetreuung ist Dehnerts Arbeit noch nicht getan. Am Abend muss er oft Telefonate mit Eltern führen. "Viele wollen wissen, wie sich ihr Sohn oder ihre Tochter gemacht hat." Jedes vierte Kind ist ein Mädchen, Dehnert sagt, die könnten sich oft besser bewegen als Jungen. Der angehende Grundschullehrer studiert an der Humboldt-Universität Sport und entwickelte die Idee für das Projekt. Schon vor drei Jahren gab es beim BFC Überlegungen für eine sportliche Kinderförderung. Dehnert griff diese wieder auf. Der einstige DDR-Serienmeister, der sich im Insolvenzverfahren befindet, sah die Chance zur Publicity: Vom Hooliganclub der neunziger Jahre zum Familienverein im neuen Jahrzehnt.

Als Dehnert im April quer durch die Kindergärten in Hohenschönhausen und Lichtenberg zog, Werbung für seine Idee machte und Teilnehmerlisten aushing, gab es kaum skeptische Reaktionen wegen des namens BFC. "Einmal kam eine Familie sogar zu einem Heimspiel des Fußballteams ins Sportforum", erzählt Dehnert. "Sie fanden die Atmosphäre toll." Dynamo gewann 4:0 gegen Hertha 03 Zehlendorf, Dehnert schoß ein Tor. Als Dehnert Anfang Mai dieses Jahres zusammen mit seinen Mannschaftskollegen bei Dynamo, Torwart Nico Thomaschewski und Libero Uwe Lehmann, zur ersten Sportstunde für die Minis lud, erschienen 25 Kinder. Mittlerweile sind es über Hundert, aus fünfzehn Kindergärten. Die Tendenz ist steigend. Deshalb wird künftig auch montags Sport angeboten.

"Kindergärten aus Weißensee melden sich und fragen, wann sie endlich an der Reihe sind", sagt Sven Radicke, Schatzmeister des Vereins. Bis Ende 2004 rechnet man beim BFC mit bis zu 1.000 Teilnehmern. "Insgeheim hoffen wir natürlich, dass wir Kinder für den BFC gewinnen können", so Radicke. Die Gebühr für jedes Kind beträgt fünf Euro pro einstündigem Training. Danach bringt sie der Bus wieder in die Kita zurück. Die Kleinen scheinen Dehnert zu mögen. Bei einer kurzen Pause hängen sich zwei Mädchen  an seinen Arm und sagen "Papa". manchmal denkt Dehnert dann, dass er später auch mal solche Kinder haben möchte. Bis dahin aber hält er sich noch für “frei, jung und fröhlich".

Maxim Stöckigt, Berliner Zeitung, 19.06.2003