Angst hinter verschlossenen Türen / Die Opposition beim BFC erweist sich als zu schwach

Am Ende erklärten drei Mitglieder noch im Versammlungssaal schriftlich ihren Austritt beim BFC Dynamo. Einer nannte als Begründung, er verliere womöglich seinen Arbeitsplatz, wenn er einem Verein angehöre, der von Hell s Angels geführt werde. Rayk Bernt und André Sommer, die betonten, ihre Verbindung zu der umstrittenen Rockergruppe sei reine Privatsache, nahmen die Unmutsäußerungen gelassen auf. Von Anfang an hatten sie für klare Verhältnisse gesorgt: Erst wurde die Öffentlichkeit ausgesperrt, dann die Tagesordnung (die auch die Neuwahl des Präsidiums vorsah) per Abstimmung (87 zu 59 Stimmen) geändert. Die Mitgliederversammlung wurde zu einer Informationsveranstaltung umfunktioniert.

Kritiker wurden lauthals mundtot gemacht - von Versammlungsleiter Rayk Bernt, der nunmehr mit Sommer weiter das Präsidium beim ehemaligen DDR-Rekordmeister bildet. Die Opposition erwies sich als zu schwach, die Angst zahlreicher Mitglieder als zu groß, denn außer den beiden gibt es derzeit keinen, der beim BFC Verantwortung übernehmen möchte. Das sieht auch Fanbeauftragter Rainer Lüdtke mit Sorge, er nahm dennoch kein Blatt vor den Mund: "Ich war empört über das Auftreten von Bernt und dass die Mitgliederversammlung ohne Ankündigung gekippt wurde. Anfangs hatte ich Angst, dass sich gleich alle prügeln." Viele Mitglieder hätten das Gefühl bekommen, erpresst und entmündigt zu werden.

"Zum Glück ist dann Sachlichkeit in die Veranstaltung eingekehrt", sagte Volkmar Wanski. Der einstige Präsident, der mit Geld aus seiner Privatschatulle bis zum Rücktritt 2000 jahrelang Dynamo am Leben erhielt, hat eine Sponsorengruppe um sich gebildet, die so etwas wie die letzte Hoffnung für viele BFC-Mitglieder ist. Ausdrücklich distanzierte sich Wanski jedoch von den Hell s Angels "Ich verurteile die Straftaten der Gruppe." Er verwahrte sich auch dagegen, Bernt und Sommer seien seine Vertraute. Wanski wörtlich: "Fakt ist aber, Bernt und Sommer haben den Klub vor dem Konkurs gerettet. Denn sie allein kamen drei Stunden vor Ultimo zu mir und baten um Hilfe, als das amtierende Präsidium alles kaputtgehen lassen wollte."

Da gab Wanski die 30.000 Mark, damit das Insolvenzverfahren eröffnet werden konnte. Laut Aussage des Bauunternehmers habe das alte Präsidium um Sportdirektor Hans Reker geplant, "den Verein in Konkurs gehen zu lassen, damit ein Deckel drauf kommt und ihre Taten nicht mehr öffentlich werden". Wanski wirft vor allem Reker Misswirtschaft vor, möchte gegen ihn und Dieter Küchler, Vorstandschef beim ehemaligen BFC-Sponsor Lipro, rechtlich vorgehen: "Da gibt es Patronatserklärungen, auf die wir pochen werden." Zuerst müsse aber das Insolvenzverfahren positiv zum Abschluss gebracht, sagte Wanski: "Vermutlich brauchen wir rund 200.000 Mark, um die Gläubiger zu befrieden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Sponsorengruppe, der ich auch angehöre, diesen Betrag aufbringt."

Wanski sagte, dass er sehr am Verein hänge, aber "nie mehr ein Amt übernehmen" wolle und sich auch nicht verbindlich auf Zahlungen "festnageln lassen" wolle. Der ehemalige Klubchef betonte, dass nach wie vor der wahre Schuldenstand unbekannt sei. Insider vermuten, dass es noch mehr als die bisher genannten 6,6 Millionen Mark sind. "Täglich flattern neue Rechnungen ins Haus", sagte ein Klubangestellter. So bleibt die Zukunft ungewiss. "Es gibt noch kein wirkliches Konzept", sagt Fanbeauftrager Lüdtke, einstweilen habe man nur "Zeit gewonnen". Ziel ist es, nach dem Oberliga-Zwangsabstieg nun in der neuen Saison vornehmlich mit eigenen Jugendspielern in der Verbandsliga neu zu beginnen. Für einen Etat, glaubt Wanski, seien 300.000 Mark nötig. Fraglich bleibt, wer diese aufbringen soll.

Matthias Wolf, Berliner Zeitung, 28.11.2001