Rocker statt Stasi / Der neue Vorstand von Mielkes Lieblingsklub BFC Dynamo soll Kontakte zu den "Hell's Angels" haben

Beim BFC Dynamo haben die "Hell's Angels" die Macht übernommen. Zwei der vom Dynamo-Wirtschaftsrat bestimmten Vorstandvorsitzenden des Klubs gehören jener Rockerbande an, die in Schlägereien, Drogenhandel und Schutzgelderpressung verwickelt sein soll. Dynamos Vorstandsvorsitzender Rayk Bernt soll Vizepräsident des "Hell's Angels-Chapter Berlin" sein. André Sommer - ebenfalls Mitglied der "Hell's Angels" - gehörte in den 80er Jahren noch zur extrem gewaltbereiten Berliner Hooliganszene. Den BFC Dynamo, der heute in der viertklassigen Fußball-Oberliga kickt, drücken rund sieben Millionen Mark Schulden. Um das seit einigen Monaten laufende Insolvenzverfahren gegen den DDR-Rekordmeister heute überhaupt eröffnen zu können, wurde am Dienstagvormittag der neue Vorstand bestimmt. Er kündigte an, die Kosten für das Verfahren zu tragen und den Klub zu sanieren. Die Geschichte hat jedoch einen bitteren Beigeschmack: Den beiden Vorstandsmitgliedern des BFC Dynamo gehört das "Berliner Fußball-Café" in Lichtenberg.

Die Kneipe gehört zu den Treffpunkten der Dynamo-Hooligans, die sich aus rund 300 gewaltbereiten Fußballfans zusammensetzt. Sie gilt immer noch als eine der härtesten in Deutschland. Dynamos Vorstandsmitglied André Sommer soll nach Angaben eines Szenekenners bis Ende der 80er Jahre zur Hooligansszene des BFC Dynamo gehört haben und aufgrund seiner Statur und seines Alters eine Art Rädelsführer gewesen sein. Sommer hat nach Polizeiangaben immer noch engen Kontakt zu Hooligans. Als sich Ende der 70er Jahre die gewaltbereiten Dynamo-Fans organisierten, soll Sommer erstmals bei Fußballspielen in Schlägereien verwickelt gewesen sein. Als Dynamos Hooligan-Szene Ende der 80er Jahre in die politisch rechtsorientierte Richtung abdriftete, sei Sommer immer seltener in Erscheinung getreten, berichtet ein Szenekenner. Ein paar Jahre später sollen beispielsweise Dynamo-Anhänger bei einem Auswärtsspiel in Greifswald ein Ausländerheim überfallen haben.

Seit Mitte der 90er Jahre nun besteht zwischen den Dynamo-Hooligans und der Berliner Türsteherszene enger Kontakt. Die Krawalle jedoch wurden in den vergangenen Jahren durch verstärkte Polizeiarbeit immer seltener. Als es vor ein paar Monaten nach einem Pokalspiel zwischen Dynamo und Union zu heftigen Ausschreitungen kam, waren statt der BFC-Hooligans größtenteils Krawalltouristen aus anderen Städten beteiligt. Zu DDR-Zeiten - als Erich Mielke als Dynamo-Fan auf der Tribüne saß - galt der Verein als Stasi-, nach der Wende dann als Nazi- und Hooligan-Klub. Die Verbindung zu den "Hell's Angels", zu denen sich die beiden Vorstandsmitglieder nicht äußern wollten, bescheren Dynamo erneut ein unbequemes Image in der öffentlichkeit. Bislang haben sich Sommer und Bernt im Sportforum Hohenschönhausen um ihren Bierstand und das Catering der VIP-Gäste gekümmert.

André Görke, Tagesspiegel, 01.11.2001