Wer ist die Nr. 1 im Nordosten? / Die Hoffnung stirbt zuletzt

Zu DDR-Zeiten begegneten sich beide Mannschaften, außer im FDGB-Pokal sehr selten. Im Liga-Alltag nie: der BFC Dynamo spielte in der Oberliga, Lichtenberg 47 in der zweiten Spielklasse. Für Lichtenberg ist das Derby nach 30 Jahren das erste ernsthafte Duell beider Vereine. Am Sonnabend kommt es im heimischen Hans-Zoschke-Stadion um 14 Uhr zu einer Neuauflage. Zufrieden kann an der Steffenstraße derzeit keiner sein. Das Nordost-Derby gegen die Mannschaft von Trainer Udo Richter rückte angesichts der schlechten finanziellen Situation in den Hintergrund. Was auf dem Platz erreicht wird, ist derzeit nur nebensächlich, so wie der 5:2-Sieg in der zweiten Runde des Paul-Rusch-Pokals vorgestern gegen Berolina Stralau. Dabei bemühen sich die Verantwortlichen um Sportdirektor Hans Reker um Ruhe.

"Wir haben den Glauben noch nicht aufgegeben", sagt Geschäftsführerin Doris Brachmann und erzählt von dem "großen Unbekannten", der sich beim BFC meldete und sich zwecks finanzieller Unterstützung mit der Vereinsführung treffen wollte. Sie erzählt es seit zwei Monaten. Passiert ist nichts. Seit Bekanntwerden des ersten Insolvenzantrags - inzwischen laufen gegen den BFC Dynamo drei - wurde die Lage immer prekärer. Inzwischen hat ein Insolvenzverwalter seine Arbeit aufgenommen. Die letzte Frist wurde auf den 1. November datiert. Trotz alledem hat auch Coach Jürgen Bogs die Hoffnung noch nicht aufgegeben und macht weiter, wie bisher. Dabei hat der 54-Jährige auch noch andere Sorgen. Seine Mannschaft hat seit vier Spielen keinen Sieg mehr errungen, nach acht Partien rangiert das Dynamo-Ensemble mit 12 Punkten auf Platz acht der Oberliga-Tabelle. Zusätzlich steht der ohnehin kleine Kader damit unter enormem Druck.

"Wenn wir den Anschluss an die Spitze nicht vollends verlieren wollen, müssen wir gegen Lichtenberg punkten", sagt der Trainer, der bis zum Ende des Jahres auf Stürmer Danuts Oprea verzichten muss. Der 29-Jährige musste am Knie operiert werden. Auch auf Friedrich Breitenfelder muss der Fußball-Lehrer weiterhin verzichten, der Mittelfeldakteur ist noch immer verletzt. Der Weggang von Cesur Soyat und Thomas Schmidhuber macht Bogs ebenfalls zu schaffen. Genesen ist dagegen Tomasz Suwary, der mit Markus Richter für den Drang nach vorn sorgen soll. "Ich habe keine Alternativen", so Bogs, der darauf verzichtet, mit seinen Jungs über die wirtschaftliche Problematik zu sprechen. Dass die Kicker dennoch nicht frei sind im Kopf, bewiesen sie in den vergangenen Partien. Und die Aussicht, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Absteiger in die Verbandsliga festzustehen, macht die Sache nicht einfacher.


Diana Becht-Zwetkov, Berliner Morgenpost, 05.10.2001