| Schon zu DDR-Zeiten waren die Rollen klar verteilt. Auf der einen Seite der meist gehasste, als Stasi-Klub verschrieene Verein aus Hohenschönhausen, der trotz seiner zehn DDR-Titel in Folge von 1979 bis 1988 nie die Zuneigung der breiten Öffentlichkeit fand. Auf der anderen Seite der Verein aus Köpenick, der sportlich zwar immer nur die zweite Geige spielte, bei den Fans aber weitaus höher im Kurs stand. Zehn Jahre nach dem Mauerfall haben sich jedoch die Vorzeichen geändert. Union hat den BFC, der sich erst am 8. Mai diesen Jahres von FC Berlin in BFC Dynamo zurückbenannte, sportlich längst überholt, und fährt dank des Großsponsors Kinowelt in einem finanziell ruhigeren Fahrwasser.
"Wir haben den Nachteil, dass beim BFC Dynamo mit Erich Mielke der Unangenehmste aus der DDR-Führung an der Spitze stand", ärgert sich BFC-Präsident Volkmar Wanski, "dass beim BFC immer nur die schlechten Traditionen am Leben erhalten werden." Hinzu kommt, dass sich das Image der Hohenschönhausener "dank" seiner Anhänger nicht gerade gebessert hat. Auch wenn Wanski immer wieder beschwört, dass es beim BFC keine Ausschreitungen gibt - die Gewaltbereitschaft einiger sogenannter Dynamo-Fans, vor allem gegen die Anhänger des Erzrivalen aus der Alten Försterei, dürfte auch ihm nicht verborgen geblieben sein. Trotz strikter Fan-Trennung im heutigen Regionalliga-Duell (Anstoß: 13.30 Uhr) herrscht im und rund um das Sportforum Hohenschönhausen Alarmstufe Rot bei den Ordnungskräften.
Zurecht, ist bei erwarteten 4000 Zuschauern sowie zahlreichen "Seiteneinsteigern" aus der Eishockey-Szene - Eisbären und Berlin Capitals, deren Fans auch eher eine Art Hassliebe verbindet, stehen sich um 15 Uhr im Sportforum gegenüber - höchste Vorsicht geboten. Dabei steht einem Fußballfest eigentlich nichts im Wege. Union, das nach Startschwierigkeiten in den letzten zwei Spielen gegen Babelsberg (4:1) und Eisenhüttenstadt (3:1) endlich seinen Anspruch auf den Staffelsieg untermauern konnte, will mit einem weiteren Erfolg die Spitze verteidigen, der BFC Dynamo (Rang neun) will den Anschluss an die ersten sechs Plätze nicht verlieren. BFC gegen Union - auch sportlich ein Spiel der besonderen Art.
Michael Färber, Berliner Morgenpost, 23.10.1999
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