FC Berlin will Stadion im Sportforum kaufen / Anlage soll mit überdachter Zuschauertribüne und Flutlicht ausgestattet werden

Real Madrid oder FC Liverpool senden immer noch Neujahrsgrüße nach Hohenschönhausen. Wimpel weiterer europäischer Fußball-Spitzenclubs zieren die Geschäftsstelle des FC Berlin unweit seines altbackenen Heim-Stadions im Sportforum. Auch wenn der FCB als Nachfolger des DDR-Rekordmeisters BFC Dynamo von solch prominenten Gegnern zur Zeit in der Regionalliga Nordost nur träumen kann, möchte er das Stadion dem Land Berlin abkaufen und modernisieren. FCB-Präsident Volkmar Wanski: "Wir wollen in den Profibereich aufrücken und müssen dafür gewappnet sein." Erste Pläne: Bau einer repräsentativen, überdachten Zuschauertribüne mit Mannschafts- und VIP-Räumen. Ein Muß ist die Installation einer Flutlichtanlage. Der FCB möchte auch sechs Spiel- und Trainingsfelder erwerben, sie mit Kunstrasen ausrüsten. "Die nun geklärten Eigentumsverhältnisse des Sportforums bestärkten uns", sagt Bauunternehmer Wanski.

Wie berichtet, waren zum 1. April alle 25 Hallen, Stadien und Freianlagen, Sportschule und Olympiastützpunkt in Landesbesitz übergegangen. Das sind 90 Prozent des 55 Hektar großen Geländes, dessen Wert auf 300 Millionen Mark geschätzt wird. Wieviel das Stadion den FCB kosten könnte, ist noch unklar. Der Kauf soll über Bankkredite laufen. In der Senatssportverwaltung stößt das Vorhaben auf offene Ohren. Abteilungschef Jürgen Kießling: "Grundsätzlich kann man über einen Verkauf nachdenken, machbar wären auch Erbbaupacht- oder langfristige Nutzungsverträge mit Umbauoptionen." Auf keinen Fall dürfe das Sportforum zerstückelt werden. Möglich ist, daß der Bezirk über einen Verkauf entscheiden muß. Wenn das Abgeordnetenhaus am 28. Mai ein neues Zuständigkeitsgesetz für die Bezirke beschließt, könnten darunter auch alle Sportstätten, außer Olympiastadion, fallen.

In diesem Falle signalisierte Finanzstadtrat Matthias Stawinoga (SPD) dem FCB bereits grünes Licht. Er übernimmt am Monatsende den Vorsitz des FCB-Wirtschaftsrates und ist wie Wanski überzeugt, daß der Verein sein schweres Erbe und Negativ-Image überwunden hat. Der einstige Stasi- und Polizeiclub BFC Dynamo war von 1979 an zehnmal in Folge DDR-Meister und im Europa-Cup präsent, hatte Nationalspieler wie Andreas Thom und Thomas Doll. Mielkes Lieblingsverein war ebenso erfolgreich wie bei den Fußball-Fans wegen der Stasi-Nähe unbeliebt. "Jetzt sind wir Sympathieträger für die Fußballbegeisterten in Hohenschönhausen und den anderen Plattenbaubezirken", sagt FCB-Manager Volker Steinke. Allein 350 Kinder und Jugendliche jagen in 17 Mannschaften dem runden Leder nach; eine erstklassige Talenteschule. Das sei die Garantie für die Zukunft, so Steinke. Wenn im Jahr 2000 die 3. Bundesliga eingeführt wird, will der FCB mitmischen.

Ingo Rößling, Berliner Morgenpost, 19.04.1998