Hendrik Herzog: Mein großes Ziel: Kaiserslautern / Manchester United bot 1,8 Millionen Mark. Aber als die Engländer anriefen, legte der Abwehrspieler vom FC Berlin auf: ”Ich habe kein Wort verstanden."

Ein paar Fremdsprachen-Kenntnisse schaden auch ei nem Fußballer nichts. Als jüngst bei Hendrik Herzog, 21jähriger Abwehr- und siebenfacher Nationalspieler vom FC Berlin, das Telefon klingelte und jemand Englisch sprach, da hat er nach einer Weile einfach aufgelegt: "ich habe kein Wortverstanden." Durch seinen persönlichen Berater Ferenc Kleber und später auch vom Klub erfuhr er, daß das jemand von Manchester United gewesen sein könnte. Beim FCB meldete sich ebenfalls nur telefonisch ein französischer Spielervermittler und bot für Herzog im Auftrage von Manchester United eine Ablösesumme von 1,8 Millionen Mark. Eine etwas merkwürdige Art, sich um einen neuen Spieler zu kümmern. Klub und Spieler zeigen derzeit kein Interesse für einen Wechsel. Trainer Jürgen Bogs: ”Wir brauchen Hendrik als dynamischen, offensivstarken Abwehrspieler, um unser Ziel, den bezahlten Fußball, zu erreichen."

Der umbenannte zehnfache Meister hat derzeit keinerlei finanzielle Sorgen, schwimmt vielmehr nach den Transfers von Thom, Ernst, Doll, Rohde und Köller im Geld. Und Herzog: "Ich habe einen Vertrag bis zum 30. Juni nächsten Jahres. Den werde ich erfüllen." Er kann sich keinen Vers darauf machen, wie Manchester United auf ihn gekommen sein soll. "Vielleicht im April bei unserem 1:0-Länderspielsieg über Schottland im Glasgower Hampden Park. Da habe ich eine ganz gute Partie geboten." Die Ablösesumme erscheint ihm für einen Abwehrspieler ziemlich hoch. Selbst ordnet er sich so bei 700 000 bis 800 000 Mark ein. Seine doch schon recht profihafte Einstellung bekundeter so: "Ich bin zur Zeit verletzt, kuriere eine starke Innenbandüberdehnung aus und werde erst in der Vorbereitung auf die zweite Halbserie wieder voll einsteigen. Wenn ich wechsle, dann will ich gleich mit ganzer Kraft loslegen."

Der nicht auf den Mund gefallene, 1,87 m große Lokkenkopf (82 kg) - als Juniorenauswahlspieler mit der "U 19" 1986 in Jugoslawien Europameister und mit der "U 20" 1987 in Chile WM-Dritter - macht allerdings keinerlei Hehl daraus, daß er sich in absehbarer Zeit verändern will. Er ist ein ausgesprochenes Dynamo-Kind (1975 1978 Dynamo Halle-Neustadt, 1978 - 1980 Dynamo Eisleben, seit 1981 beim BFC Dynamo/FC Berlin), möchte nun einmal eine andere Umgebung kennenlernen. Vor dieser Saison hat er schon im Berliner Grand-Hotel ein Gespräch mit dem VfL Bochum geführt. Angebote vom 1. FC Köln und 1. FC Kaiserslautern gab es auch. "ich habe mich schon bei beiden umgesehen, auch einigen Ärger im Klub gehabt, weil ich nichts gesagt habe, daß ich in Kaiserslautern war. Es stimmt aber nicht, daß ich unbedingt weg wollte, gar Verletzungen vortäusche, mauschele.

Ich will spielen und Geld verdienen, werde meinen Vertrag bis 30. 6. auf jeden Fall erfüllen.
" Mit dem Geldverdienen sieht es ja ganz gut aus, ohne daß Summen zu erfahren sind. Herzog gehört neben Reich, Bonan, Szangolies und Walow zu den Spitzenverdienern beim FC Berlin, und der wiederum zu den Klubs, die am besten zahlen und nach Aussage von Jürgen Bogs "so schnell keine finanzielle Not haben und Herzog am Saisonende ein gutes Angebot machen werden". Herzog aber wird dann sicherlich die Koffer packen. "Es macht auf die Dauer auch keinen Spaß, vor 676 Zuschauern wie zuletzt gegen Vorwärts Frankfurt zu spielen." Da hat es ihm die Kulisse von 20.000 und 30.000 Zuschauern im Fritz-Walter-Stadion und Kaiserslautern überhaupt mehr angetan.

"Dort zu spielen, das ist schon ein Traum. Das gesamte Umfeld gefällt mir." Durch den vor dieser Saison vom "hont Klamott" an den Betzenberg gewechselten Rainer Ernst ist Hendrik Herzog gut informiert. Beide sind seit langem miteinander befreundet. "Als ich mit 17 in die Oberliga kam, war mein Platz in der Kabine neben Rainer. Er hat mir prima geholfen. Später hatten wir auch privat engen Kontakt, hat er mich öfter zu sich nach Hause eingeladen. Wir telefonieren hin und wieder, aber es ist ja verdammt schwer, nach Kaiserslautern durchzukommen." Führen beide ab kommenden Sommer wieder Ortsgespräche?

Manfred Binkowski, Fußballwoche, 10.12.1990