Mehr als 1.000 Polizisten kontrollierten sicher das Spiel und den Trauermarsch

Sie hatten mit Gewalt und Terror gedroht. Die Berliner Hooligans wollten den in Leipzig erschossenen Fan Mike Polley rächen. Doch aus Rache und Randale wurde nichts - die Hooligans kapitulierten vor der Übermacht der Polizei. Das Spiel FC Berlin - HFC Chemie und der Trauermarsch für Polley verliefen friedlich. Der Grund: Die Berliner Polizei, Hooligans und Autonome hatten bereits am Freitag vor dem Spiel in mehreren Konferenzen einen gewaltlosen Tagesablauf vorbereitet. Polizeidirektor Egon Kutzera, Leiter der Einsatzabteilung 1: “Wir haben uns mit Hooligan-Chef Jens-Uwe Voigt an einen Tisch gesetzt und die Organisation für Spiel und Trauermarsch genau abgesprochen.” Die Hooligans hatten am Freitag auch Kontakt zu Autonomen in Kreuzberg und in der Schönhauser Allee. Hooligan Jörn L.: "Wir verabredeten Frieden." Es wurde zwar ein friedvoller Tag, dennoch war es kein normales Fußballspiel für den FC Berlin.

Das war anders:
• Die traditionelle Versammlung von FC Berlin-Fans und Skinheads am Freitagabend auf dem Alexanderplatz fiel aus. Jörn L.: "Die Polizei kennt diesen Treffpunkt."
• Die Verlegung des Spiels in den Jahn-Sportpark, weil das Stadion von der Polizei problemlos kontrollierbar ist. Der FC Berlin wird jetzt alle Heimspiele dort austragen.
• Die Rückkehr der alten Fans des BFC Dynamo. Zum Anpfiff verloren sich gerade 27 Zuschauer im Fan-Block. Nach der Halbzeit strömten aber rund 450 eingefleischte BFC-Hooligans Ins Stadion. Sie sangen "DDR - unser Vaterland" und „AusIänder raus".
• Der größte Polizei-Einsatz in der Oberliga Nordost in dieser Saison: 1000 Beamte kontrollierten das Spiel und den Trauermarsch vom Stadion bis zum Brandenburger Tor. In der Burgstraße am Alexanderplatz standen zudem zwei Wasserwerfer. Noch bis drei Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag waren etwa 400 Polizisten im Einsatz. Die Bilanz: 13 Festnehmen.

Der Samstag in Berlin blieb friedlich, weil alle Beteiligten mit Vernunft und Bedacht handelten. Das kann schon am nächsten Spieltag wieder anders sein. Denn fuwo erfuhr: In dieser Woche treffen sich die wichtigsten Hooligan-Bosse der Oberliga-Nordost-Vereine. Sie wollen über die Zusammenarbeit untereinander, Aktionen mit Bundesliga-Hools und das Fußball-Fest in Leipzig beraten.

Alexander Schreck, Fußballwoche, 12.11.1990