Am Rande eines Fußballspiels / Leipziger Polizei erschießt Rowdy

Die Leipziger Polizei hat am Samstag bei schweren Auseinandersetzungen mit Fußball-Rowdys einen 18jährigen Berliner erschossen. Nach Angaben von Polizeisprecher Peter Heimann wurden drei andere Männer im Alter von 18 bis 23 Jahren durch Schüsse schwer verletzt. Die Polizei habe in Notwehr gehandelt. Im Verlauf der Auseinandersetzungen seien Polizeiautos angezündet, Schaufensterscheiben eingeworfen und Läden geplündert worden. Die Auseinandersetzungen ereigneten sich am Rande des Oberligaspiels des FC Sachsen gegen den FC Berlin. Die Polizisten seien zunächst mit Steinen, Eisenstangen und Reizgas attackiert worden.

Schließlich, so Heimann, seien die Sicherheitskräfte, die mit Schlagstöcken und Tränengas auf die Angriffe reagiert hätten, von zwei Seiten attackiert und von den Gewalttätern eingekesselt worden. Da Gefahr für Leib und Leben der Polizisten bestanden habe, sei der Befehl zum Schußwaffengebrauch erteilt worden. Nach dem Schußwaffengebrauch durch die Polizei zogen die Randalierer in die Leipziger Innenstadt weiter. Insgesamt nahm die Polizei im Verlauf der Auseinandersetzungen 80 Personen fest. Ein Polizist wurde den Angaben zufolge beim Einsatz leicht verletzt. Heimann sagte, die personell stark dezimierte Polizei sei nicht auf die Schwere der Auseinandersetzungen vorbereitet gewesen. Die Leipziger Polizei habe jetzt zwei Drittel weniger Mitarbeiter als noch vor einem Jahr. In den ersten neun Monaten hätten im damaligen Bezirk Leipzig 1.660 Beamte gekündigt.


Autor nicht bekannt (Reuter), Süddeutsche Zeitung, 05.11.1990