Besuch in Uckley: Fischer vom BFC

"Junge Welt wird sich sicheren Schrittes an der Erkundung beteiligen", hieß es in unserem Beitrag in der Ausgabe vom 18./19. November über das BFC-Trainingsobjekt Uckley bei Zernsdorf, dessen Öffnung für massensportliche Belange von Bürgern gefordert worden war. Für diese Woche nun hatte Dynamo zu einer Besichtigung eingeladen, und was die Journalisten sahen, entbehrte - wie erwartet - des Sensationellen. Unterkünfte und Trainingsbedingungen entsprechen dem Niveau der Objekte anderer Klubs, und einen Vergleich zu Trainingslagern westlicher Vereine wollen wir am besten gar nicht anstellen. So ist man im nachhinein um so mehr versucht, über die jahrelange Geheimniskrämerei der Verantwortlichen den Kopf zu schütteln: Weil die Bevölkerung nichts zu sehen bekam, sah sie mehr, als zu sehen ist... Beim Journalisten-Treffen stellte sich der Objektleiter, der bei unserer ersten Begegnung noch namenlos geblieben war, als Karl-Heinz Kämmer vor.

Von ihm erfuhren wir, daß die Forderungen der Bürger erfüllt würden. So können die Schüler der umliegenden Gemeinden nach vertraglichen Vereinbarungen im Schwimmbassin ihren Schwimmunterricht absolvieren, und Kindern wie Erwachsenen werden Möglichkeiten eingeräumt, Turnhalle, Sauna und Kegelhalle zu nutzen. Vereinbart worden war das auf einer Versammlung mit 130 Bürgern der Gemeinde Zernsdorf. Dort konnte sich auch jeder für eine Kommission melden, die in Zukunft mit Vertretern des Sport-Objektes, zusammenarbeiten soll. Indes: Lediglich drei Bürger trugen sich in die Liste ein. Ob wohl annähernd so viele Leute vor Ort beim Sport sein werden wie bei jener Begehung, zu der vor kurzem Karl-Heinz Kämmer eingeladen hatte? Damals war er des Andrangs der verständlicherweise sehr neugierigen Bürger kaum Herr geworden. Aufsehen hatte bei diesem Termin ein ominöses Wasserspiel erregt. Viele hielten es für einen Springbrunnen und fanden, ein solch plätschernd-privilegierender Zusatz müsse nun wahrlich nicht sein.

Es handelt sich jedoch um einen Teil einer Forellenaufzuchtanlage, von der aus in diesem Jahr über 2.000 Kilogramm Fisch an den Handel gingen. Karl-Heinz Kämmer erweist sich als Mann mit Manager-Fähigkeiten, wenn er Verbindungen herstellt zwischen Fischreichtum, vorhandenen Sportanlagen und der Nähe zur Autobahn. Sein Vorschlag, noch halb zu sich selbst gesprochen: Man könne nach Schaffung der nötigen Bedingungen die Reisenden zum Sporttreiben sowie zur Beköstigung einladen. "Eine Vision", sagte Kämmer dann. Der stellvertretende BFC-Klubvorsitzende Günter Schneider fand das auch, und ihm schwante, seine Kicker würden bei einer derartigen Öffnung zu sehr in der vor einem Spiel nötigen Ruhe gestört. Doch gezielte Match-Vorbereitung und eine anderweitige Nutzung von Teilen des Geländes müssen wohl einander nicht ausschließen. Keine Vision, sondern schon fest vereinbart: Der BFC wird ein Freundschaftsspiel gegen die SG Kablow-Ziegelei austragen und Autogrammstunden geben. Damit griffen die Berliner eine Junge Welt-Anregung auf. Beide Seiten gehen aufeinander zu, und eben darin liegt ihre Chance.


Birk Meinhardt, Junge Welt, 08.12.1989