Dunst um neues Metier

Derzeit rauscht's im Blätterwald, hüben wie drüben. Halbwahrheiten, Lügen, unkonkrete Aussagen und widersprüchliche Zitate zum Thema möglicher bevorstehender Spielertransfers halten sich die Waage. BFC-Stürmer Andreas Thom in der "JUNGEN WELT" vom 29.11.: "Tatsache ist, daß ich beim BFC einen Vertrag bis 1991 unterschrieben habe. Ginge ich beispielsweise mit Bremen einen Vertrag ein, würde ich rechtsbrüchig handeln." Und nochmal Thom am Mittwoch in der DDR-Fernsehsendung "Halbzeit" u. a.: "Es interessieren sich Vereine für mich, aber konkrete Verhandlungen gibt es bisher nicht." BFC-Klubchef Herbert Krafft gestern: "Unsere Spieler werden bestürmt, vor allem von westlichen Journalisten. Meines Wissens haben die Spieler aber noch keine konkreten Kontakte zu anderen Klubs. Nach dem jetzigen Stand gibt es keine Wechsel vor Abschluß der Saison." Nun meldete dpa, daß Bayer Leverkusen Verhandlungen mit Thom, Kirsten und Sammer aufgenommen habe, und die BILD-Zeitung von gestern tönt: "Leverkusen schon mit Geldkoffer bei Thom" und "Der Dresdner Matthias Sammer (24) ließ sich bereits zu ersten Gesprächen nach Leverkusen locken und - kehrte schick eingekleidet wieder zurück."

BZ sprach daraufhin mit Rainer Calmund, dem Manager vom Bundesligisten Leverkusen. Dieser am Telefon: "Bayer will in den 90er Jahren ein schlagkräftiges Team aufbauen, und der DDR-Fußball wird nun dabei sicher auch zu einem interessanten Markt, Schriftliche und mündliche Kontakte habe es mit noch nicht genannt werden wollenden DFV-Vertretern und einigen Spielern persönlich gegeben. Keine Kontakte gab es zu den Klubs." Namen wollte Calmund nicht nennen, doch könne man davon ausgehen, "daß die dpa-Meldung korrekt sei". Der Manager versicherte, daß "DDR-Spieler noch nicht in Leverkusen waren". Bayer wartet nun das heutige Treffen DFB-DFV ab, "dann will Vorsitzender Fischer mit Herrn Spitzner verhandeln". Nun ist das Metier Spielertransfer hierzulande Neuland und muß auch erst erlernt werden, aber Spekulationen helfen nicht weiter. Vielleicht bringt die DFV-Pressekonferenz am Sonnabend Licht in den Dunst. Es wird jedenfalls Zeit.


Michael Jahn, Berliner Zeitung, 01.12.1989