Die Feste feiern, wie sie fallen... / Im Jahn-Sportpark beim "Endspiel" war auch ein Glücksferkel dabei / Abschied für Reinhard Lauck am "Tag der Ehrungen"

Beneidenswertes Fußball-Berlin! Welch ein Mai-Finale, welch ein Juni-Anfang! Innerhalb einer Woche erlebt die Hauptstadt das Oberliga-"Endspiel" und das FDGB-Pokalfinale. Hochstimmung also im Jahn-Sportpark und im Stadion der Weltjugend. Und Jubel obendrein für die Weinroten mit dem geschwungenen "D". Die Fußballinteressierten zwischen Pankow und Köpenick sind nur ein wenig mit den Unionern aus der Wuhlheide gram, und nicht wenige sollen sich auch geärgert haben, daß kurz nach der BFC-Jena-Spielzeit sechs S-Bahn-Stationen entfernt zwei Berliner Endspiele, um den Kreis- und um den FDGB-Bezirkspokal, vom BFA angesetzt worden waren. Wer sich nach der BFC-Siegerehrung beeilte, konnte vielleicht noch ein Stück der Lokalderbys sehen, aber der Termin war wohl gewiß nicht gerade glücklich fixiert.

Doch das nur nebenbei und auch nur erwähnt, weil ich meine, daß wir jedem Fußballhöhepunkt die gebührende Aufmerksamkeit im Interesse der Anhänger schenken sollten. hehr daraus machen! Über Attraktivität und Massenwirksamkeit haben wir uns schon hundertmal unterhalten! Die Feste feiern, wie sie fallen, völlig richtig, aber man kann, ja man sollte sich den Genuß auch einteilen. Im Jahn-Sportpark prasselte der Beifall von den Rängen, sowohl für den Meister als auch für die mit Saison-Silber nun reichlich geehrten Zeiss-Städter. Freude hier, zunächst Enttäuschung dort, wer versteht das nicht. "Mit meinem Tor machten wir die ganze Sache wenigstens noch ein bißchen freundlicher", meinte Kapitän Lothar Kurbjuweit.

Und Andreas Bielau, der Ex-Zwickauer, ärgerte sich über das 1:2 am Ende nicht so sehr, "wenn ich an den Klassenerhalt Sachsenrings denke..." Das Niveau des Spiels wurde sicherlich mit "teils, teils" diskutiert. Ich gewann ihm nach anfänglicher Unzufriedenheit über zu viel Kampf, Deckungs-Überbetonung und manch unkontrolliertem Einsatz dann doch Positives ab. Wie sah es DFV-Präsident Günter Schneider? "Ein würdiges Endspiel. Beide Mannschaften offenbarten Akzente internationalen Niveaus im Kämpferischen und was den athletischen Einsatz anbetrifft. Das gilt es nun auch bei den künftigen Aufgaben im Europacup nachzuweisen."

Und DFV-Generalsekretär Werner Lempert: "Sowohl dem BFC als auch Jena Dank für das Spiel. Der an diesem Tag Bessere gewann, und ich möchte in mein Lob insgesamt auch das eine gute Leistung bietende Schiedsrichterkollektiv einbeziehen." Es war ein Tag der Ehrungen. Zum erst für den BFC-Nachwuchs. geführt von Herbert Schoen und Günter ("Moppel") Schröter, die beide ein großes Stuck BFC-Geschichte mitschrieben. Auch die Berliner Jugendliga-Meisterelf des Klubs betrat das "Treppchen". Und schließlich hieß es: "Wir verabschieden unseren Reinhard Lauck!" Da hallte es im Chor: "Mäcki, Mäcki!" Eine komplizierte Knieverletzung gebot dem 34jährigen, der als Kfz-Meister in der Fahrbereitschaft des Sportforums tätig ist, die Oberliga-Töppen auszuziehen.

"Ich hätte gern noch ein Jahr drangehängt, aber es ging nicht mehr. Meine zwanzig jährige aktive Zeit wird mir unvergessen bleiben." Die SG Sielow seines Geburtsortes, dann Energie Cottbus, der 1. FC Union (Pokalsieger 1968), seit 1973 der BFC waren seine Stationen. 152 BFC-Punktspiele, 29 Tore, 33 Länderspiele. Ich sehe ihn noch bei der WM '74 im Hamburger Volksparkstadion beim 1:0 über die BRD zuerst den Kölner Overath und als der ging und Netzer kam, auch diesem keine Chance lassend. Aus Montreal brachte er die Olympia-Goldmedaille mit. Und nun der Abschied mit Blumen, Präsentkorb, Torte und einem Glücksferkel, das BFC-Fans aus Zepernick ihm schenkten.


Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 02.06.1981