Interview mit Wolf-Rüdiger Netz

Welchen Wert besitzt der 2:1-Erfolg über den 1. FCL?
Netz:
Wir bleiben Tabellenführer ohne Punktverlust. Daß die Strapazen vom Mittwoch-Spiel im UEFA-Cup spürbar wurden, ist normal. Außerdem forderten uns die Leipziger kämpferisch wesentlich stärker als Roter Stern Belgrad.

Enttäuscht, daß der achte Treffer der Saison ausblieb?
Netz:
Warum eigentlich? Uber Torerfolge meiner Mannschaftskameraden freue ich mich ebenso wie über die eigenen.

Welche Qualitäten werden von einem Stoßstürmer gefordert, um sich der ständigen gegnerischen Deckungsschärfe mit Erfolg zu entziehen?
Netz:
Keinerlei Angst im Zweikampf vor allen Dingen. Man muß immer wieder den Weg in die Spitze suchen und gehen, vor Einsatz und Härte nicht resignieren.

Sieben Treffer nach fünf Begegnungen können sich sehen lassen. Werden die 13 Tore der Saison 77/78 überboten?
Netz:
Ich hoffe es. Allerdings rechne ich fest damit, daß ich von Spiel zu Spiel, konsequenter gedeckt werde, mich mit noch mehr Lauffreude als bisher aus dem Aktionsradius des Gegners herausspielen muß.

Was macht die gegenwärtige Stärke des BFC Dynamo aus?
Netz:
Daß wir uns alle körperlich topfit fühlen, den entsprechenden Einsatzwillen besitzen, setze ich als normal voraus. Unser Plus scheint darin zu liegen: Wir verstehen es, aus allen Positionen heraus offensiven und torgefährlichen Fußapll zu spielen. Mit dem Erfolg kommen Selbstvertrauen, wächst die Harmonie. Wir spüren es von Woche zu Woche deutlich.

Wo steht der BFC, gemessen und beurteilt am 5:2-Sieg über Roter Stern Belgrad, auf internationalem Terrain?
Netz:
Wir haben keinerlei Grund, unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Ich glaube, daß wir uns auch gegen gute europäische Mannschaften auf unsere Spielfitneß verlassen können. Man muß dazu nur Vertrauen haben!

Wer zählt im DDR-Fußball zu den stärksten Abwehrspielern?
Netz:
Ich könnte viele Namen nennen: Weise, Brauer, Kische, Weber. An ihnen besteht sicherlich kein Mangel.

Wie bereitet sich der gegenwärtige Torschützenbeste unserer Oberliga auf seine Einsätze vor?
Netz:
Konzentration ist für mich der halbe Weg zum Erfolg. Der zweite: Viel Schlaf vor jedem Treffen. Unruhe kenne ich nicht.

Wie stark ist die BFC-Konkurrenz im Kampf um den Meistertitel?
Netz:
Zunächst: Als Kandidat Nummer 1 fühlen wir uns nicht. Beweisen müssen wir uns erst an Dresden und Magdeburg als den wohl hartnäckigsten Rivalen.

Verbandstrainer Georg Buschner sagte kürzlich: Derjenige erhält eine Auswahlchance, der in der Meisterschaft wie im EC gleichbleibend gute, überzeugende Leistungen bringt. Fühlen Sie sich angesprochen?
Netz:
Ich besitze, wie viele andere Spieler auch, den gesunden Ehrgeiz, in jedem Spiel das Beste zu geben. Vielleicht spricht die augenblickliche Erfolgsbilanz für mich, doch das müssen dafür prädestinierte Männer entscheiden. Reizen würde mich eine Auswahl-Aufgabe aber auf jeden Fall!

Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 18.09.1978