Interview mit Jürgen Bogs

Der BFC gilt im Vorderfeld als der große Verlierer der Saion. Wie beurteilen Sie den 4. Rang?
Bogs:
Keine Frage, wir sind enttäuscht. Einmal darüber, daß wir so knapp, um einen Punkt, an einem Medaillenplatz vorbeirutschten, mehr noch aber, daß wir uns spielerisch nicht weiterentwickelten, wohl sogar einen Schritt zurück taten.

Was sagen Sie zur Nachwuchsoberliga, sie kam ja ebenfalls nicht über Rang vier hinaus?
Bogs:
Sie erfüllte dennoch ihre Aufgabe, denn aus ihr entwickelte sich eine ganze Reihe von Spielern. Ralf Sträßer schaffte während der Serie den Sprung zum Oberliga-Stammspieler, auch Bernd Brillat und Dietmar Labes brachten sich wieder ins Gespräch, und Bodo Rudwaleit empfahl sich über die Nachwuchs-Auswahl sogar für die A-Elf.

Wo liegen die Ursachen der leistungsmäßigen und spielerischen Rückentwicklung?
Bogs:
Ich glaube, die taktische Konzeption entsprach vielfach nicht den Gegebenheiten. Außerdem verlief die Weiterentwicklung der jungen, spielbegabten Leute nicht den Erwartungen entsprechend. Ich denke an Jüngling, an Trieloff und Eigendorf, die beiden letzteren wurden allerdings durch Verletzungen zurückgeworfen. So konnten die Ausfälle von Schütze und Schulenberg, die ja eine wichtige Rolle spielten, nicht verkraftet werden.

Dadurch wurden auf die Dauer wohl vor allem Lauck und Terletzki überfordert?
Bogs:
Das stimmt. Beide mußten während der Serie einfach zu viele Lasten tragen. Neben ihnen fehlte es an gleichstarken Spielträgern. Unsere vordringlichste Aufgabe muß es sein, gleichwertige Mitstreiter aufzubauen und an ihre Seite zu stellen. Und zwar schnell.

Welche Spieler kamen diesen beiden am nächsten?
Bogs:
Noack vor allem, der sich weiterentwickelte. Er bot in der 1. Halbserie sehr gute und beständige Leistungen, stand jedoch die Distanz nicht ganz durch. Auch Rohdes Rückkehr war ein Gewinn. Durch ihn stabilisierte sich die Abwehr, und Brillat wurde durch seine Kampfkraft und Torgefährlichkeit zum Aktivposten.

Der BFC setzte neben dem 1. FC Lok (24) die meisten Akteure ein, nämlich 23. Wurde nicht zu viel experimentiert?
Bogs:
Sicherlich, aber doch gezwungenermaßen, denn in der Herbstserie gab es permanente Verletzungssorgen. In den Pokalviertelfinalspielen gegen Dresden fielen zum Beispiel sieben Spieler aus.

Und doch bewährte sich die Elf eigentlich gerade in dieser Situation - oder?
Bogs:
Sie spielen auf den 3:1-Pokalrückspielsieg gegen Dresden an und auf die folgenden Punktspiele gegen den FCV (2:0), in Zwickau (4:3) und gegen Dresden (2:1). Hier wuchs die Mannschaft, die kämpferisch in jedem Treffen ihr Bestes gab, nie enttäuschte, regelrecht über sich hinaus. Später zeigte es sich jedoch, daß nur mit Kraftakten auf die Dauer nicht erfolgreich gespielt werden kann.

Ja, mit dem Toreschießen haperte es ganz augenscheinlich?
Bogs:
Eindeutig, wir schossen 24 weniger als im Vorjahr. Und das geht vorrangig zu Lasten der Angriffsspitzen. Ihnen fehlte es an Durchsetzungsvermögen, an Kaltblütigkeit und Entschlossenheit. Dadurch vergaben Riediger, Netz und Labes viele, zu viele Möglichkeiten.

Ein Wort noch speziell zu Riediger?
Bogs:
Leider fand er nach einer Verletzung einfach nicht mehr den Anschluß. Ihm fehlte es vor allem an Selbstvertrauen, an der nötigen Lockerheit. Dadurch traten seine Schwächen am Ball und im Abschluß besonders hervor. Vielleicht hätte ihm hier und da eine Pause gutgetan. Ich hoffe, er findet in der kommenden Serie wieder zu sich selbst, zu jener Leistung, die er in der 2. Halbserie 1975/76 brachte.

Wie geht es jetzt weiter?
Bogs:
Wir haben dennoch keinerlei Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Mannschaft will den Rückstand wieder wettmachen, die Potenzen dazu hat sie. Der Turniersieg, den wir in der Vorwoche in Polen gegen Lok Kosice und Polens Exmeister Stal Mielec, der mit Lato und Szarmach antrat, erkämpften, wird uns alle in diesem Vorhaben bestärken. Übrigens wechselten inzwischen Wroblewski und Jahn zum 1. FC Union, von dem Junioren-Auswahlstürmer Helms zu uns stieß. Aus der Nachwuchsoberliga rückten jetzt Pelka und Troppa auf. Leider fällt Peter Rohde vorerst wegen einer Knieverletzung aus. Für ihn rückte Trieloff ins Abwehrzentrum, und seine ersten Versuche ließen sich hoffnungsvoll an.

Klaus Thiemann, Neue Fuballwoche, Datum nicht bekannt (Mai oder Juni 1976)