Interview mit Hans Geitel (BFC Dynamo)

Sind Sie mit dem ausgeglichenen Punktestand nach Abschluß der ersten Halbserie zufrieden? Entspricht er den Erwartungen, die sie vor Beginn dieser Meisterschaft hegten?
Geitel:
Was heißt zufrieden. Wenn man etwas erreichen will, und das wollen wir, kann man nie zufrieden sein. Rein rechnerisch habe ich einen Punkt mehr kalkuliert. Aber Fußball ist nun einmal kein mathematisches Exempel.

Auf welche Aspekte kam es Ihnen mit der Mannschaft besonders an. Worauf legten Sie den Schwerpunkt?
Geitel:
Die entscheidende Frage war und ist der kontinuierliche Aufbau des Leistungskollektiv, wobei der Einbau junger Talente aus unserer starken Nachwuchsabteilung systematisch fortgesetzt werden soll. Das läßt sich nicht übers Knie brechen, kann nur langsam und überlegt vor sich gehen. Wir haben in dieser Hinsicht Fortschritte zu verzeichnen.

Wo sehen Sie in erster Linie die Schwächen Ihrer Elf?
Geitel:
Sie sind darin zu suchen, daß es uns noch an überragenden Spielerpersönlichkeiten mangelt. Wenn unser Spiel läuft, dann wissen die Spieler, wie sie sich taklisch zu verhalten haben, wenigstens in den Grundzügen. Werden sie aber vom Gegner vor eine andere Situation gestellt, fehlt die ordnende Kraft, um das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Daraus ergibt sich die noch vorhandene Gleichförmigkeit des Spieltempos. Es fehlt der notwendige Rhythmuswechsel, der dem Kontrahenten die Initiative entreißen kann oder ihn gar nicht erst dazu kommen läßt, spielbestimmend zu werden. Auch das Umschalten von der Abwehr zum Angriff und umgekehrt geschieht viel zu zögernd. Und dann muß ich noch den allgemeinen Mangel unseres Fußballs hervorheben, daß zu viele Torchancen gebraucht werden, um zu Treffern zu kommen.


Rolf Gabriel, Neue Fußballwoche, 10.02.1970