Oberliga-Saisonauswertung 1965/66: BFC Dynamo / Der Beginn eines Stilwandels

Als Tabellenzwölfter (22:30 Punkte) entrann der damalige SC Dynamo in der vergangenen Saison gerade noch dem Abstieg. Der größte Vorwurf, der ihm seinerzeit gemacht wurde, war eine wahre Lust, sich in Aufstellungsexperimenten zu ergehen. Mit dieser Unsitte radikal gebrochen zu haben, darf Trainer Karl Schäffner zu seinen größten Verdiensten zählen. Ganz zu schweigen davon, daß der BFC Dynamo sich gegenüber 1964/65 um drei Plätze verbesserte und bei einem Torverhältnis von 42:32 (in der vorigen Saison 27:37!) die Richtung künftiger Entwicklung, die eines zielstrebigeren, produktiveren Angriffsspiels andeutete. Die Berliner waren von Saisonbeginn an - wie nur noch Motor Zwickau - auf ein 4-2-4 ausgerichtet. Und es ist mehr als eine bloße Behauptung, daß der BFC Dynamo es auch recht gut verstand, sich zunächst darauf einzustellen, es relativ geschickt zu praktizieren. Die Elf war eine echte Bereicherung in der 1. Halbserie, zählte stets zur Spitze, war am 8. Spieltag Tabellenführer, zu Ende der 1. Serie Viertplazierter mit nur zwei Punkten Rückstand zum führenden FC Carl Zeiss.

Daß es der Mannschaft später nicht gelang, diesen Platz an der Spitze zu halten (10:16 Punkte in der 2. Serie nur), hatte mehrere Ursachen: Durch Unglaubes Verletzungsausfall nach dem 6. Spieltag wurde der konstruktive Rhythmus empfindlich gestört. Er wirkte zwar in allen 13 Spielen der 2. Serie wieder mit, erreichte jedoch ebensowenig das Niveau des ersten Saisonabschnitts wie auch Rechtsaußen Aedtner, der aus einem Leistungstief nur sehr schwer wieder herausfand. Zu allem Überfluß stand nach dem 20. Spieltag auch Stopper Carow (eines unserer größten Talente auf der zentralen Abwehrposition) wegen Verletzung nicht mehr zur Verfügung. Schäffner blieb dennoch dem Prinzip treu, bei Verletzungen nur positionsgebunden umzustellen und hielt an seiner Stammformation so weit als möglich fest (der 8. Spieler, siehe Statistik, bestritt immerhin 24 Spiele, der 11. noch 17!). Ganz zu schweigen davon, daß Systemveränderungen, moderne Stilmodifikationen nicht das Werk eines Spieljahres sein können. Gedankliches Einfühlen und der nötige Spielraum ist der Praxis gehören nun einmal dazu.

Autor nicht bekannt, Neue Fußballwoche, 14.06.1966