Oberligatrainer sagen ihre Meinungen

Wenzel Laloucek, SC Dynamo Berlin: Training intensiver gestalten!

Nach zwei Dritteln einer Meisterschaftssaison drängen sich vielerlei Gedanken auf, die erörtert werden sollten. Die "FU-WO" hat sich von diesem Gesichtspunkt leiten lassen und jene befragt, die am meisten befähigt sind zu fachkundiger Aussage: die Trainer unserer Oberligaclubs und --gemeinschaften. Wir haben an alle vier Fragen gerichtet, die folgenden Inhalt haben:

1. Wie beurteilen Sie den bisherigen Ablauf der Meisterschaftsspiele in unserer höchsten Spielklasse hinsichtlich der Leistungen Ihrer Mannschaft?
2. Welche Bemerkungen und Einschätzungen ergeben sich grundsätzlich zum bisherigen Ablauf der Wettkämpfe?
3. Wie muß die Stellung unseres Fußballsportes im internationalen Maßstab auf Grund dieser Erkenntnisse eingeschätzt werden?
4. Welche Schlußfolgerungen ergeben sich, und welche Maßnahmen halten Sie für erforderlich zur weiteren Verbesserung der Arbeit auf dem Gebiet des Fußballs?

Zu 1: Die 1:4-Niederlage im ersten Meisterschaftsspiel gegen den SC Empor Rostock war für uns ein böses Erwachen. Wir gingen danach mit größerem Ernst und Elan an die folgenden Aufgaben heran. Unser zweiter Tabellenplatz - nach Beendigung der ersten Serie - entsprach durchaus den Leistungen. Das zweite Drittel stand unter einem völlig anderen Stern. Verletzungen und Abgänge rissen das Mannschaftsgefüge auseinander. So standen im Laufe der zweiten Serie insgesamt sieben Spieler nicht zur Verfügung. Derartige Ausfälle kann auf die Dauer keine Mannschaft verkraften. In Anbetracht dieser Umstände sind wir mit dem Erreichten noch zufrieden. Wichtig ist vor allem, daß die Moral der Elf trotz der vielen Niederlagen nicht gebrochen ist.

Zu 2: Besonders fällt die große Unbeständigkeit unserer Oberligaclubs in dieser Meisterschaft ins Auge. Guten Leistungen folgte am nächsten Sonntag wieder eine schwache Partie. Am besten zogen sich noch der SC Empor und der SC Motor aus der Affäre. Sie stehen deshalb verdient an der Tabellenspitze. Kein erfreuliches Zeichen sind die vielen Verletzungen. Oft wurde in den Spielen in puncto Härte gesündigt. Die Schiedsrichter zogen nicht immer die nötige Grenze zwischen fairer Härte und Unfairneß. Im letzten Drittel, in dem es für die Clubs um alles geht, muß deshalb energisch durchgegriffen werden.

Zu 3: Mit den Clubmannschaften haben wir in diesem Jahr gute Erfolge errungen (internationale Totorunde, SC Motor Jena usw.). Aber auch in diesen internationalen Begegnungen hat sich gezeigt, daß unseren Vertretungen eine gewisse Beständigkeit fehlt. Auf Clubebene gesehen, sind wir 1961 keineswegs schlechter geworden. Den Anschluß zu den europäischen Spitzenmannschaften haben wir jedoch auch in diesem Jahr noch nicht erreicht.

Zu 4: Die Vorbereitung auf die ungewohnte dritte Serie erfordert von uns Trainern viel Fingerspitzengefühl. Mehrere Mannschaften hatten im Sommer keine Pause. Den Spielern, besonders den Auswahlspielern, wurde durch die zahlreichen internationalen Begegnungen sehr viel abverlangt. Es ist die wichtigste Aufgabe für uns Trainer, Erholung der Spieler und Vorbereitung auf das letzte Drittel gut zu verbinden, zumal uns nur acht Wochen für die Vorbereitung zur Verfügung stehen. Eine Verbesserung des Niveaus unseres Fußballs erreichen wir nur, wenn wir uns mehr als bisher um die Pflege und Förderung des Nachwuchses kümmern. Um mit der Nationalelf die ersehnten Erfolge zu erreichen, müssen wir den in diesem Jahr beschrittenen Weg beharrlich fortsetzen. Allerdings sollten die Kader noch sorgfältiger und gewissenhafter ausgewählt werden. Die Grundlage dazu bildet eine verbesserte Zusammenarbeit der Verbands, und Clubtrainer. Das Training in den Clubs muß härter und intensiver werden. Wir beim Sportclub Dynamo legen im kommenden Jahr den Schwerpunkt auf das individuelle und Gruppentraining. Unsere Spieler sind dazu bereit. Durch ein gutes Einvernehmen der Trainer und Spieler werden wir die Leistungen steigern können.


Autor nicht bekannt, Neue Fußballwoche, 28.12.1961