Der SC Dynamo Berlin ist übertrainiert!

Was ist nur mit dem SC Dynamo passiert? Das fragen sich mit Recht die Berliner Fußballfreunde und auch die Anhänger Dynamos in der Republik. Das sind bekanntlich nicht wenige, denn die gepflegte Spielweise der Volkspolizisten war allseits beliebt. Zur Zeit ist davon nicht viel zu sehen. Drei Spiele hat die Elf schon hintereinander verloren, gleich die ersten der neuen Meisterschaft, dazu noch zwei auf eigenem Platz! Und immerhin gegen solche Gegner, die früher für Dynamo kaum ein Problem gewesen sind, bei aller Anerkennung für die Briesker und Stendaler. Das ist nicht jene Dynamo-Mannschaft, die wir von früheren Meisterschaften und auch von der Übergangsrunde her kennen. Die Spieler bewegen sich so, als hätten sie Bleiklötze an den Füßen, so schwerfällig und geradezu müde wirken sie.

Wir glauben jedoch die Ursache für die gegenwärtige Formschwäche der Berliner zu kennen, und diese Vermutung wird durch die Äußerungen einiger Spieler erhärtet: Dynamo ist übertrainiert! Die Mannschaft hat kurz vor Beginn der Meisterschaft noch mit einer Schärfe gearbeitet, die sich jetzt als eine Überdosis herausstellt. Natürlich kann sich eine so harte Vorbereitung auf die Dauer auch als ein Vorteil erweisen. Aber wer bei der immer klarer sich abzeichnenden Ausgeglichenheit unserer Oberliga gleich am Anfang mit 0:6 Punkten im Rückstand liegt, der kann bei der Vergebung der Meisterschaft kaum noch ein gewichtiges Wort mitreden! Das Trainerkollektiv des SC Dynamo Berlin wird selbstverständlich besser wissen als wir, wie der augenblicklichen Formschwierigkeiten Herr zu werden ist.

Autor nicht bekannt, Neue Fußballwoche, 27.03.1956