Paul-Rusch-Pokal - Achtelfinale 2000/01: BFC Dynamo - 1. FC Union Berlin 0:3

Langer Ball - (zu) lange Leitung / Der Oberligist bot dem Favoriten über eine Stunde beherzt Paroli
Der Favorit brauchte geraume Zeit, um sich standesgemäß und unterm Strich auch verdient, vom Resultat her aber wohl etwas zu hoch, durchzusetzen. Das letztlich noch klare Resultat täuscht nämlich eine Überlegenheit des Siegers vor, welche es zumindest eine Stunde lang so nicht gegeben hatte. Erst der späte Doppelschlag seines Torjägers Teixeira brachte Union auf die Siegerstraße. Dies passierte freilich in einer Phase, als der BFC sein (Offensiv-)Pulver verschossen hatte und es folglich nur noch eine Frage der Zeit war, wann der sich nach dem Wechsel nahezu pausenlos am Drücker befindliche Favorit zum entscheidenden Schlag ausholen würde.

In der zweiten Halbzeit lagen die Vorteile auf unserer Seite", fand Union-Trainer Georgi Wassilev. Doch bis auf einen Kopfball von Ernemann (62.) brachte Union vorm Tor zunächst wenig zustande. Dann allerdings kam jene 70. Minute, in der das Schicksal für den bis dato tapfer mithaltenden Außenseiter seinen Lauf nahm. Um so bitterer für den BFC, dass sich dabei mit Lenz und Thomaschewski ausgerechnet zwei wahrlich nicht unerfahrene Akteure bei einem weiten Abschlag von Union-Torwart Wulnikowski anstellten wie Anfänger. Der Ball war lange unterwegs - die Reaktionszeit der beiden dauerte aber noch länger. Der eine (Lenz) ließ das Leder tippen und passieren, der andere (Thomaschewski) konnte sich nicht zum Eingreifen entschließen - Teixeira nutzte das doppelte Zögern und sagte Danke.

"Ein wirklich kapitaler Fehler", konnte es auch BFC-Coach Jürgen Bogs kaum fassen. Dahin war die taktische Konstellation, Union wenig Platz und damit keine Räume zur Entfaltung zu lassen. Beides hatte bis dahin ganz passabel funktioniert. Und vor allem Teixeira bekam dies zu spüren. Er sah nämlich eine Stunde lang gegen den starken Batrinu keine Schnitte. Erst als nach der Pause mit Isa und (später) Durkovic zwei weitere Angreifer den Brasilianer effektiver unterstützten und das Abwehrschema der Hausherren so regelrecht "aufweichten", kam er dann besser zur Geltung, weil ihn sein (zuvor direkter) Gegenspieler nun mehrfach aus den Augen verlor. Das hatte erneut durchschlagende Wirkung: Mit seinem zweiten Tor machte Teixeira alles klar, nachdem ihn kurz zuvor der zurückgeeilte Kallnik noch so gerade hatte bremsen können (75.).

Im Angesicht der letztlich noch deutlichen Niederlage verschwamm der gute Eindruck, welchen der BFC in der ersten Hälfte hinterlassen hatte, etwas. Da lief das Leder oft über mehrere Stationen durch die eigenen Reihen. Von hinten heraus wurde dabei nicht etwa planlos gebolzt, sondern stets versucht zu spielen. Und speziell wenn einer der nicht nur zahlenmäßig starken Rumänen-Fraktion am Ball war, wurde es auch gefährlich. So bereitete nicht zufällig der technisch brillante Regisseur Cristescu mit zwei Zuckerpässchen große Chancen für Oprea (15.) und vor allem Koslow (41.) vor. Beide jedoch konnten das Leder nicht am herausstürzenden Wulnikowski vorbeibringen. Auch Panait und Oprea waren am linken Flügel gut freigespielt, fanden mit ihren Eingaben aber keinen Mitspieler.

Vier durchaus verheißungsvolle Möglichkeiten in einer Halbzeit sind gegen Unions anerkannt starke Abwehr wahrlich keine schlechte Ausbeute - nur muss man auch was draus machen. Das aber versäumte der BFC und sah sich nach der Pause mehr und mehr im Rückwärtsgang. Union legte jetzt nicht nur personell einen Gang zu, machte im Aufbau schon von hinten heraus Druck (Menze) und drängte den Kontrahenten weit in dessen Hälfte hinein. Jetzt hielt man auch in Zweikämpfen energischer dagegen, was eine anhaltende Überlegenheit zur Folge hatte. "In der Regionalliga wird halt etwas schneller gespielt", sah auch Jürgen Bogs, wie seine Spieler dem anziehenden Tempo langsam Tribut zollen mussten und in direkten Duellen oft einen Schritt zu spät kamen (was manche Gelbe Karte erklärt). Trotzdem: Ohne die "lange Leitung" hätte es bis zur Entscheidung noch etwas länger dauern können.

BFC Dynamo:
Thomaschewski; Lenz; Batrinu, Kallnik; Mba (60. Hahn), Zegrean, Cristescu, Jarling (78. Vollmar), Panait; Koslow, Oprea (82. Ortülü)
1. FC Union Berlin:
Wulnikowski; Menze; Müller, Ernemann; Kremenliev (46. Isa), Balcarek, Tredup, Okeke (87. Ruhmland), Nikol; Zechner (67. Durkovic), Teixeira

0:1 Teixeira           (70.)
0:2 Teixeira           (77.)
0:3 Menze              (87.)

Schiedsrichter:        Richter (Berlin)
Zuschauer:             4.427

Sascha Stolz, Fußballwoche, 26.03.2001