FDGB-Pokal 1988/89 - Viertelfinale: 1. FC Union Berlin - BFC Dynamo 0:2

Der Anfang war schon das "Ende" vom Lied
Nicht selten zeichnet sich schon das "Ende" am Anfang ab. In der Berliner Wuhlheide nach nur 33 Sekunden, als nach einem Foul von Reinhold die BFCer eine schnelle Ausführung folgen ließen, das Leder zwar nicht kombinationssicher, aber immerhin zu Küttner gelangte, dessen 18-Meter-Schuß zwischen glitschigem Boden und Hartmannscher Brust ins Netz rutschte. Mehr als nur die Weichen wurden hier gestellt, denn während der Champion weit weniger belastet seine Kreise ziehen konnte, "wurden wir die Hemmung aus der ersten Minute eigentlich niemals los", meinte Union-"Chef" Karsten Heine, "so daß unsere Chancen bis auf wenige in der zweiten Halbzeit auf ein Minimum sanken". Die Geradeaus- und Drauf-Taktik, wie im Schneespiel gegen Dresden, hätte hier zwar nicht mit gleicher Effektivität praktiziert werden können, weil diesmal eben das Leder nicht steckenblieb und zum Zweikampfduell herausforderte, aber Druck wäre in anderer, vor allem in spielerischer Form gefragt gewesen.

Doch die Wuhlheider lebten nun einmal im Mittelfeld von Anbeginn durch den Ausfall einer fast kompletten Reihe mit Seier ("Gelbsucht"), Adamczewski und Sierocks an der "Schmerzgrenze". Niemand konnte sie überspringen, bei allem anerkennenswerten Eifer von Hofschneider und Hendel, während Wittke kaum in Erscheinung trat. Daß Heine letztlich mit seinen Einwechslungen allein vier Stürmer auf dem Platz hatte, vergrößerte nicht die Wirkung. Vielleicht hätten beim Verwandeln der Kopfballchance für Weinrich (74.) die Wuhlheider noch einmal "gebrannt", doch ansonsten löschten 19jährige Feuerwehr-Youngster in der BFC-Abwehr alle sporadisch aufflackernden Union-Pokalbrände. Die Hintermannschaft der Dynamos "litt" nicht unter der Delegierung ihres Kapitäns ins Mittelfeld, weil sie weitaus sicherer und vor allem konzentrierter als in Meisterschaft-Heimkämpfen agierte, sich nicht selbst Knüppel zwischen die Beine warf.

Die Weinroten vermittelten das Gefühl, daß sie sich vom Ortsnachbarn (und damit auch von ehemaligen Dynamos) gar nichts anbrennen ließen. Rechtzeitiges Stören ergab das Übergewicht, auch die Kontermöglichkeiten, nur die Ausführung erlebten wir schon besser. Daß Pastor vom Strafstoßpunkt nicht traf, Küttner, Ernst, Doll und Thom aus "Hundertprozentigen" nichts machten, zählte zu den Ungereimtheiten des ansonsten verbessert, vor allem (trotz der Alten Försterei) nervlich stabilisierten Spiels der Hohenschönhausener, die vielleicht leichter als gedacht hochverdient in einem Ortsderby außer der Reihe ins Halbfinale einzogen. Für das "Ende" vom Lied hatten sie eben schon am Anfang gesorgt.

1. FC Union Berlin:
Hartmann; Trieloff; V. Probst, Maek, Reinhold (56. Weinreich); R. Probst (24. Enge), Wittke, Hendel, Hofschneider; Hirsch, Deffke
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Reich; Herzog, Zöphel, Köller; Rohde, Küttner, Ernst; Doll (89. Backs), Pastor, Thom

0:1 Küttner            ( 1.)
0:2 Pastor             (53.)

Schiedsrichter:        Prokop (Erfurt)
Zuschauer:             20.000


Jürgen Nöldner, Neue Fußballwoche, 13.12.1988