FDGB-Pokal 1985/86 - Halbfinale Rückspiel: 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 3:1

Enorm, wie sich Lok steigerte
Das Gefühl, daß die Leipziger ihren in überzeugender Manier erzielten (Gesamt-)Erfolg nur allmählich begriffen, täuschte sicherlich nicht. Klarheit bestand unter der großen Schar prominenter Kritiker allerdings uneingeschränkt darüber, daß er im Ergebnis einer von Trainer Hans-Ulrich Thomale geforderten "totalen Leistungssteigerung" gegenüber den letzten Begegnungen zustande kam. Das vor allem machte ihn in einer Partie mit einer Fülle an wechselvollen, ja dramatischen Szenen so wertvoll! Couragiert ins Spiel zu gehen, mit dem 4:2 im Rücken Ansprüche gutklassigen Offensivfußballs geltend zu machen, blieb dem meister unter dem Eindruck der von beginn an ungemein willensstarken Lok-Einstellung zunächst versagt.

Fleiß, Laufbereitschaft in geordnete taktische Bahnen zu lenken, im Tempo niemals die Zügel schleifen zu lassen, um unter Dauerdruck gegenerische Schwächen in der Zweikampfführung (insbesondere Ksienzyk) erbarmungslos aufzudecken, war bis über das 3:0 hinaus Devise des Siegers.Daß er im Mittelfeld über Bredow und Liebers sowie den in der offensiven Rolle gegen Thom sehr wirksamen Zötzsche (Vorbereiter des 1:0) zudem die wesentlich größeren Aktivitäten entfaltete, war gleichfalls nicht zu übersehen. Mit dem kritischen Hinweis, seine Elf habe in dieser Zone die Partie verloren, wollte BFC-Trainer Jürgen Bogs fraglos auch die Rolle charakterisieren, die der taktisch total überforderte und weit von bester Physis entfernte Reich gegen Loks wechselseitig in die Spitze gehende Akteure der zweiten Reihe niemals lösen konnte. Zötzsches dritter gegen Rudwaleit verwandelter Foulstrafstoß in beiden Halbfinal-Vergleichen trieb die Stimmung auf den Siedepunkt.

Doch den entscheidenden Schritt vom zögernd-langatmigen Spielaufbau bis hin zur nun unvermeidlichen Risikofreude im Angriffsverhalten vollzogen die Berliner erst nach Richters 3:0 und der unmittelbar danach folgenden Kräfteumgruppierung mit den Einwechslern Trieloff (nun Libero) und Kaehlitz sowie den in der freien Position drängenden Rohde. Jetzt, da sich im Kräfteverhältnis allmählich ein Gleichgewicht ergab, M. Schulz, Ernst, Pastor und andere auf gegnerische Substanzverluste (wie erklärlich!) mit gesteigerter Spielfreude reagierten, sich auch Torschußmöglichkeiten ergaben (58. Fallrückzieher von Ernst, den Müller im Flug glänzend parierte), wurden die Leipziger vor manch harte Bewährungsprobe gestellt. Souveränität einzelner (Baum, Kreer, Zötzsche, Bredow, Leitzke) prägte den siegesbewußten Stil Loks in einer Partie, die Kirschen als Souverän auf dem Feld immer im Griff hatte. Ihn schloß der Beifall der 13.000 am Ende mit ein!

1. FC Lok Leipzig:
Müller; Baum; Kreer, Kracht; Altmann (66. Lindner), Bredow (80. Marschall),Liebers, Zötzsche; Leitzke, Richter, Kühn
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Brestrich; Thom, Reich (50. Trieloff), M. Schulz, Backs (50. Kaehlitz); Pastor, Ernst

1:0 Kühn               (23.)
2:0 Zötzsche           (26., Foulstrafstoß)
3:0 Richter            (49.)
3:1 Pastor             (87.)

Schiedsrichter:        Kirschen (Frankfurt (Oder)
Zuschauer:             13.000


Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 13.05.1986