FDGB-Pokal 1979/80 - Achtelfinale: BSG Chemie Böhlen - BFC Dynamo 0:2

Ein wenig Oberligakost probiert
Willkommene Gelegenheit in Böhlen, die schmale Liga- mit der reizvollen Oberligakost zu vertauschen; zumal, wenn kein Geringerer als der Meister und am Mittwoch zum Viertelfinalisten im Cup der Landesmeister avancierte BFC an der Jahnbaude seine Visitenkarte abgibt. "Das wird die richtige Prüfung für unsere umformierte Mannschaft", meinte vor dem Anpfiff der erfahrene Vorstopper Jochen Kunath. Nun, den Böhlenern muß bescheinigt werden, daß sie ihre Sache recht gut machten, zwar in den Anfangsminuten ein wenig nervös wirkten, sich jedoch dann erheblich steigerten. Mittelfeldspieler Bittner mühte sich darum besonders, operierte gewitzt und klug. Hubert und Zaspel legten weite Wege zurück, um Lücken in die Berliner Abwehr zu reißen.

"Aber bis auf Bittner und teilweise Havenstein rückten die anderen nicht entschlossen genug nach", urteilte Olympiaauswahltrainer Dr. Rudolf Krause. Zweimal lag den (nur) gut 3.000 Zuschauern schon der Torruf auf den Lippen. Nach einer Ecke verlängerte Hubert die Kugel mit dem Kopf, Rudwaleit konnte sie nicht festhalten, doch Zaspel spitzelte sie nur gegen die Latte (29.). "Das war ja fast ein Kunststück", schüttelte Hans Speth den Kopf. Und schließlich jagte Bittner das Leder aus guter Position über die Latte (37.).

Solche Gelegenheiten boten sich dem Ligisten später nicht mehr, weil nach einer Stunde die Kraft auffällig nachließ, die Berliner mit dem schnellen Lauf des Balles nun auch das Spiel kontrollierten. Daran mangelte es in der Anfangsphase, weil mit Ballbesitz das Spiel in die Breite verlagert wurde, im Strafraum kaum das erforderliche Durchsetzungsvermögen aufgebracht wurde. Nur Troppa und der siebzehnjährige Juniorenauswahlspieler Ernst waren von Anbeginn bei der Sache, "dann steigerte sich vor allem Sträßer" (so Jürgen Bogs). 9:1 Torschüsse in den zweiten 45 Minuten drücken die klaren Vorteile der Berliner jetzt aus. Fischer, Böhlens Schlußmann, kam bei Schüssen und Kopfbällen von Pelka (61.), Sträßer (63.), Noack (65.), Netz (66.) und Jüngling (69.) auf seine Kosten.

Beim schon alles entscheidenden Führungstor der Hauptstädter hatte er jedoch keine Abwehrchance. Terletzki, der mit einer Nasenverletzung tapfer durchspielte, schob einen Freistoß zu Sträßer, der entschlossen einknallte. Das 2:0 blieb eine Formsache, gab mit der Schnelligkeit von Schulz, der den viel zu inaktiven Helms abgelöst hatte, aber manchen Fingerzeig, wie vielleicht beim Meister der Ausfall von Riediger kompensiert werden könnte. Die Böhlener zeigten sich ob der (erwarteten) Niederlage keineswegs enttäuscht, denn sie wissen, ständige Oberligakost kann es nur geben, wenn die neue Mannschaft schon rechtzeitig für die Zutaten sorgt. Gegen den Meister deutete sich einiges zumindest an.


BSG Chemie Böhlen:
Fischer; Schweineberg; Wolf, Kunath, Tröger
; Kaubitzsch , Köditz (68. Srodecki), Havenstein, Bittner; Zaspel, Hubert
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Jüngling, Troppa, Noack; Sträßer, Ernst, Terletzki; Helms (60. B. Schulz), Pelka, Netz

0:1 Sträßer            (75.)
0:2 Pelka              (83.)

Schiedsrichter:        Kulicke (Oderberg)
Zuschauer:             3.300


Jürgen Nöldner, Neue Fußballwoche, 13.11.1979