FDGB-Pokal 1977/78 - Achtelfinale (Hinspiel): BFC Dynamo - 1. FC Lok Leipzig 5:0

Der Torsegen des BFC hält unvermindert an / Der Ansturm kam aus dem Mittelfeld
"Wir rappeln uns wieder 'raus. Die Substanz der Mannschaft, ihre Willensqualitäten sind Garantie dafür." Lok-Trainer Manfred Pfeifer gab sich trotz mancher Sorgenfalte auf der Stirn so zuversichtlich. Daß der Pokalfinalist vom Vorjahr sich speziell für diese Partie einiges vorgenommen hatte, sprach er nicht aus, aber die Mannschaft ließ es ab der ersten Aktion spüren. Die ersten beiden großen Szenen hatte Lok, freilich durch den etwas zapplig startenden Trieloff begünstigt. Aber Kühn führte nach 60 Sekunden sein Solo nicht kaltblütig zu Ende, und Frenzel (7.) scheiterte bei der Eingabe zum freien Mann an der Überlänge Rudwaleits. Der fischte den Heber weg. Keine Frage, die Lok stand unter Dampf, wollte es wissen, und entsprechend hoch waren Tempo, Einsatz, entsprechend angespannt auch das Nervenkostüm.

Den Leipzigern aber sei gesagt, voran Wolfram Löwe, Klugheit und Selbstbeherrschung gehören auch zum Repertoire eines guten Spielers. Nach Wechsel, als sie die "Trotz-Phase" hinter sich hatten, ging es ja auch. Der Unparteiische entscheidet, sein Wort ist zu respektieren, auch wenn es einmal nicht nach dem eigenen Geschmack ausfällt. Alles andere schlägt zurück ins eigene Gesicht. Die Lok-Akteure sollten das dank ihrer internationalen Erfahrung längst wissen. In Berlin bekamen sie die Quittung, weil sie zwangsläufig nicht mehr mit all ihren Gedanken beim Spiel waren. Das 0:5 erklärt sich daraus aber nur zum Teil. Von Anbeginn zeigte sich, daß in der engeren Abwehr eigentlich nur Roth stand. Stötzner, der nach vier Schüssen aufs Tore drei aus dem Netz holen konnte, dabei stets eine Hand noch am Ball hatte, wurde kalt getroffen und konnte einem leid tun.

Hammer als "zweiter Mann" aber wirkte so unruhig, ohne Selbstvertrauen, daß er schließlich fast nur das Rückspiel auf seinen Torhüter vorzog. Mit schlechten Abwehraktionen servierte er Labes (zum Tor Nr. 1) und Riediger (zum Tor Nr. 4) den Ball vor die Füße. Da auch Gröbner, Sekora mit sich zu tun hatten, wirkte die Lok-Abwehr porös und der Angriff ohne Biß. Vollends nach Löwes Fehlen. Was blieb, war emsiges Mühen aller mit nur wenigen Situationen zur Resultatsaufbesserung. Schade, der Dynamo-Erfolg, so verdient er ist, erhielt unverdienterweise so einen etwas faden Beigeschmack. Doch der BFC verriet auch hier die Ursachen für seinen Aufschwung. "Gegen diese Elf, so schnell, laufstark, beweglich und entschlossen, kann man sich nicht hinten reinstellen. Daher versuchten wir auch nach dem frühen 0:2 weiter mitzuspielen", lobte und erklärte Manfred Pfeifer zugleich.

Dabei, Jürgen Bogs machte "im spielerischen Zusammenwirken" durchaus noch berechtigte Abstriche. Das Leistungs-Hoch trug nämlich diesmal vorwiegend das Mittelfeld mit den ständig nachprellenden Eigendorf (nebst Terletzki, Labes ganz stark) und Noack. Das Angriffstrio blieb da einen ebenbürtigen Beitrag schuldig. Imponierend - unabhängig von der Einschränkung - wie beherzt und entschlossen die Tormöglichkeiten genutzt wurden. Lok war nahe daran, wie weiland am "schwarzen Tag" des 8.3.1976, da man beim BFC ein "halbes Dutzend" in die Maschen bekam, nach Toren deklassiert zu werden. Dabei sah's im Feld gar nicht so einförmig aus. Die 7:3 Ecken für Lok deuten es auch an. Im Durchsetzungsvermögen aber innerhalb der Torzone trennten beide eine ganze Klasse.

BFC Dynamo:
Rudwa1eit; Trieloff; Noack, Eigendorf; Rohde, Brillat, Labes, Terletzki; Riediger, Pelka (76. Jüngling), Netz

1. FC Lok Leipzig:
Stötzner; Hammer; Sekora, Gröbner, Roth; Altmann, Moldt (73. Liebers, 85. Großmann), Frenzel, Bornschein; Löwe (21. ), Kühn

1:0 Labes              ( 9.)
2:0 Terletzki          (27.)
3:0 Eigendorf          (42.)
4:0 Riediger           (63.)
5:0 Terletzki          (67., Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        Stumpf (Jena)
Zuschauer:             8.000


Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, .1977