FDGB-Pokal 1975/76 - Viertelfinale (Hinspiel): BFC Dynamo - 1. FC Magdeburg 3:1

Der meistbeschäftigte Mann nach dem Spiel war unser polnischer Zeichnerkollege Edward Alaszewski. Sein spitzer Zeichenstift huschte über das Papier, und während er Laucks Porträt auf seinen Block bannte, meinte er: "Im Vergleich mit unseren Oberligatreffen in Polen hob sich diese Begegnung in zwei Dingen deutlich ab: Sie wurde überaus schnell geführt, und ich muß allen Aktiven ein Lob zollen für ihren unerhörten Einsatzwillen." Diesem Pauschallob kann durchaus zugestimmt werden, wenngleich in spielerischer Hinsicht einige Abstriche gemacht werden müssen. Dafür jedoch hatten die Aktiven beider Mannschaften eine plausible Erklärung bei der Hand, die BFC-Kapitän Frank Terletzki so formulierte: "Der holprige Boden ließ einfach keinen reibungslosen Kombinationsfußball zu, so daß sich direkte Passagen von selbst verboten." Es ist wirklich höchste Zeit, hier endlich für Abhilfe zu sorgen, um die Voraussetzungen für noch besseres Niveau zu schaffen.

Kein Wunder, daß Reinhard Lauck auf dem Weg zum Duschen strahlte. Er prüfte den Magdeburger Schlußmann Schulze nicht nur mit plazierten Schüssen (48., 67., 72.), ihm gelangen vor allem zwei sehenswerte Tore. Zunächst verwandelte er nach einer Freistoßablage von Johannsen (53.), dann schmetterte er den Ball aus 25 m Entfernung nicht minder eindrucksvoll zum 3:0 ins Netz (78.). "Ich glaube nicht", meinte er dazu, "daß Ulli da eine Chance hatte, weil ihm außerdem die Sicht versperrt war, und er die Bälle zu spät sah." Für das 1:0 sorgte Netz schon nach sechs Minuten (Eine Folge der ungenügenden Magdeburger Aufwärmarbeit?), doch die Vorarbeit dazu leistete Wroblewski, der zwei, drei Magdeburger ausspielte, schoß, und als Schulze den Ball nicht festhalten konnte, war Netz zur Stelle.

"Allerdings begingen wir nach der schnellen Führung den Fehler", kritisierte Cheftrainer Harry Nippert, "die Initiative an die Magdeburger abzugeben, nicht stürmischer auf eine frühe Entscheidung zu drängen. Das änderte sich erst nach der Pause, als wir dann endlich das Kommando übernahmen." In dieser Phase war dann der BFC die klar dominierende Mannschaft, weil die Abwehr dank der Hereinnahme Eigendorfs mehr Stabilität bewies, weil sich insbesondere Lauck, Schulenberg und Terletzki mit dem immer wieder nach vorn aufschließenden Wroblewski (sie waren im Verein mit dem sicheren Creydt die Besten) ergänzten und im Mittelfeld die größeren Akzente setzten. Trotz der klangvollen Namen auf der anderen Seite - Seguin, Pommerenke, Tyll - besaß der Gastgeber hier eindeutige Vorteile.

Die wurden dann allerdings nicht im von ihm gewünschten Maße umgesetzt, da Riediger die erspielten Chancen nicht zu nutzen verstand (54., 56., 65.). Unübersehbar dabei auch, daß Zapf mehrfach Konzentrationsschwächen erkennen ließ. Cheftrainer Heinz Krügel monierte aus seiner Sicht ebenfalls die ungenügende Chancenverwertung "in einem von beiden Seiten gut geführten Spiel". Allerdings gab er sich noch zuversichtlich: "Steinbachs Treffer läßt uns aber noch einige Hoffnungen." Ob die sich jedoch erfüllen können, das hängt in erster Linie davon ab, inwieweit sich der Meister insgesamt zu steigern versteht. Bei allem anzuerkennenden Bemühen war unverkennbar, daß das Nervenkostüm einiger Spieler recht dünn zu sein scheint. Anders sind die Verwarnungen für Seguin (nach Foulspiel) und für Hoffmann (wegen Unbeherrschtheit) kaum zu erklären.


BFC Dynamo:
Creydt; Jonelat; Noack, P. Rohde (46. Eigendorf), Wroblewski; Lauck, Terletzki, Schulenberg; Riediger, Netz, Johannsen
1. FC Magdeburg:
Schulze; Zapf; Sandrock, Raugust, Decker; Seguin (78. Ebeling), Pommerenke, Tyll (65. Steinbach); Grüning, Mewes, Hoffmann

1:0 Netz               ( 6.)
2:0 Lauck              (53.)
3:0 Lauck              (78.)
3:1 Steinbach          (84.)

Schiedsrichter:        Di Carlo (Burgstädt)
Zuschauer:             13.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 09.12.1975