FDGB-Pokal 1972/73 - Halbfinale (Rückspiel): 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 1:1

Eine Begegnung der verpaßten Torgelegenheiten
Dieses Spiel im Bruno-Plache-Stadion der Messestadt war in erster Linie eine Zerreißprobe für die Nerven aller aufgebotenen Akteure! Der Gastgeber hatte seinen wertvollen 2:1-Vorsprung aus der ersten Begegnung in Berlin zu behaupten, der Gast mußte auf Biegen oder Brechen versuchen, den Rückstand wettzumachen und klar in Führung zu gehen, wenn er noch das Finale erreichen wollte. Der BFC Dynamo schwang auch vom Anpfiff weg das Zepter, wirkte druckvoller und konsequenter in seinen Aktionen. Das erste Achtungszeichen setzte Rechtsverteidiger Stumpf in der 2. Minute, als er nach einem von Terletzki geschlagenen Freistoß FCL-Torhüter Friese zur Hergabe seines ganzen Könnens zwang. Die Hauptstädter hatten bis zur Halbzeit insgesamt mehr vom Spiel, sie operierten im Angriff wesentlich gefährlicher, arbeiteten im Mittelfeld ohne Pardon.

BFC-Cheftrainer Günter Schröter trauerte nach dem Schlußpfiff den verpaßten Torchancen nach: "Wir hatten durchaus Gelegenheiten, die Partie rechtzeitig zu unseren Gunsten zu entscheiden. Aber selbst die besten Möglichkeiten wurden vergeben...". Das betrifft Johannsen, Netz und Labes, die sogenannte todsichere Bälle nicht im Netz unterbringen konnten. Und das trotz der Tatsache, daß Schulenbergs Führungstreffer für Ruhe in den Reihen der Dynamos sorgte! Die Leipziger bevorzugten das Spiel aus der Konterstellung. Ein Rezept, das schließlich erfolgreich war. "Aber wir fanden zu keiner guten spielerischen Leistung. Uns gelang kein schnelles Tor, zum anderen trumpfte der BFC Dynamo stärker als, erwartet auf", bekannte Loks Mannschaftskapitän Gießner in der Kabine.

"Daß wir froh sind, das Finale erreicht zu haben, daß eine Leipziger Elf so weit vordrang, brauche ich wohl nicht ausdrücklich zu betonen", fügte der Routinier, der übrigens mit Frenzel, Geisler und Naumann bereits 1964 in Dessau gegen Magdeburg im Endspiel stand, noch hinzu. Torgelegenheiten gab es wie auf der anderen Seite auch für die Blau-Gelben, aber nur Lisiewicz' Hinterhaltschuß aus etwa 25 Metern traf ins Schwarze. "Ich glaube, ich war nach dem Ausgleich der am besten gelaunte Mann auf dem Platz", sagte er. Zuvor jedoch scheiterten Matoul und Gießner am BFC-Schlußmann in aussichtsreichsten Positionen. Der 1. FC Lok vermochte am Sonnabend insgesamt an seine guten Vorstellungen in den Pokalspielen nicht anzuknüpfen. Lobenswert sind einzig und allein der kämpferische Einsatz, das Aufbegehren in der zweiten Hälfte. Unübersehbar war der Leerlauf vieler Aktionen, die Angriffswirksamkeit blieb unter den Erwartungen. "Der BFC dominierte über weite Strecken, er war auf jeden Fall besser als in Berlin", kommentierte Wolfram Löwe.

Die Finalteilnahme haben die Schröter-Schützlinge tatsächlich vor eigener Kulisse vergeben! Denn in Leipzig stellten sie sich formverbessert vor, gefielen mit gelungenem Direktspiel und einer gehörigen Portion Selbstvertrauen. Leider wurde der Gesamteindruck dieses insgesamt gutklassigen Pokaltreffens durch viele versteckte und offene Fouls in der Schlußphase getrübt! Schiedsrichter Pischke hatte das Geschehen einfach nicht mehr in der Hand, zweifelhafte Entscheidungen benachteiligten beide Vertretungen. Matouls unmotiviertes Nachschlagen gegen Terletzki war reif für einen Platzverweis (55.). Creydt kugelte sich das Handgelenk nach einer tollkühnen Aktion gegen Matoul aus, so daß Norbert Johannsen zwischen die Pfosten mußte. Aber auch mit nur neun Feldspielern erzwang der Gast keine Verlängerung mehr, weil es in der Schlußphase jeder auf eigene Faust versuchte und die spielerische Linie logischerweise verlorenging.


1. FC Lok Leipzig:
Friese; Gießner; Sekora, Gröbner, Fritsche; Friese, Altmann, Frenzel, Lisiewicz; Matoul, Löwe
BFC Dynamo:
Creydt (76. Johannsen); Brillat; Stumpf, Trümpler (63. Labes); Hübner, P. Rohde (34. R. Rohde), Terletzki, Schütze, Johannsen, Netz, Schulenberg

0:1 Schulenberg        (25.)
1:1 Lisiewicz          (60.)

Schiedsrichter:        Pischke (Rostock)
Zuschauer:             12.000


Otto Schaefer, Neue Fußballwoche, 20.03.1973