FDGB-Pokal 1961/62 - Viertelfinale: SG Dynamo Hohenschönhausen - SC Dynamo Berlin 0:3

20 bange Minuten, dann überlegen gekontert / Der Sturm des Außenseiters zu unausgeglichen besetzt / Schmidt, Bley und Gadow schossen die siegbringenden Tore
Die Überraschung blieb aus! Das 3:0 des SC Dynamo über den Außenseiter Dynamo Hohenschönhausen hört sich klar an. Fast ebenso klar wurde es auch erspielt. Mit dieser Feststellung soll den Männern um den unverwüstlichen Herbert Schoen keineswegs Unrecht getan werden; im Gegenteil, sie verdienen allein schon deshalb Anerkennung, weil sie in diesem FDGB-Pokalwettbewerb so weit vorgestoßen sind und weil sie durch ihre beherzte Spielweise viel dazu beitrugen, gegen den klaren Favoriten für eine kurzweilige Auseinandersetzung gesorgt zu haben. Eine Erkenntnis aber werden die Hohenschönhausener auf alle Fälle gewonnen haben: In der Oberliga weht eben doch noch ein anderer Wind, gegen Vertreter dieser Klasse bedarf es vor allem einer ausgeglichen besetzten Mannschaft, um erfolgreich abzuschneiden!

Ohne Respekt legten die Gastgeber los, dabei auch bereits eine ordentliche spielerische Linie verratend, keineswegs allein den Kampf suchend, sondern stets bemüht, den Elan mit den technischen Möglichkeiten zu verbinden. Gleich in den Anfangsminuten zeigte der Vertreter unserer höchsten Spielklasse Wirkung, schien nervös, ja, fast ein wenig schockiert über den Blitzstart. Und in dieser Zeit, in den ersten 20 Minuten, hatte es der von Basel überaus umsichtig geführte Sturm in den Füßen, die Führung herauszuholen. Da schlug Basel eine Vorlage hoch und weit auf die linke Seite. Rebentisch trat an, dribbelte, schoß. Über die Querlatte strich der Ball (5.). Minuten später fast die gleiche Szene, mit den gleichen Akteuren. Diesmal aber köpfte Rebentisch voller Wucht. Sicher jedoch parierte Klemm (9.).

Eine Viertelstunde war verstrichen, noch immer stürmte Hohenschönhausen. Basel brach auf den rechten Flügel aus, wurde von Renk angespielt, flankte sauber zur Mitte. Klemm stieg hoch, ließ den Ball fallen. Zwei, drei Spieler im grünen Hemd setzten nach, stießen die Kugel in Richtung Tor, setzten schon zum Jubelschrei an. Da rettete Mühlbächer auf der Linie. Rentzsch kam aus dem Hintergrund, wuchtete aber den Ball über das Tor (15.). Eine tolle Szene, eine große Chance für den Außenseiter. Der Wechsel des Geschehens deutete sich bald darauf an. Mühlbächers 35-m-Freistoß und Bleys Aufsetzerschuß (20., 23.) meldeten die Ansprüche des SC Dynamo an, unter die letzten vier vorstoßen zu wollen. Maschke und Schröter übernahmen, unmerklich fast zunächst, die Herrschaft im Mittelfeld.

Beifall für Bleys sehenswerten Fallseitzieher, den Bräunlich (zu oft faustete er später, da Fangen angebrachter erschien) sicher meisterte (30.). Da ergriff Mühlbächer die Initiative, bewies einmal mehr, wieviel er doch zu leisten vermag, wenn er sich nur ständig so konzentrieren würde, spielte sich mit Schröter den Ball im Wechsel zu, setzte mit raumöffnendem Paß Schmidt ein. Der schoß entschlossen ab. Unter der Latte schlug es ein! Das war die endgültige Wende! Die Überlegenheit des Oberligavertreters nahm zu, drückte sich dann auch durch Hofmanns Einsatz (drei Mann stürzten auf den nach vorn geeilten Verteidiger, doch überlegt zog er das Leder in die Mitte, der Bley die Möglichkeit zum 2:0 gab, richtig aus.

Wohl steckte Hohenschönhausen nie auf, wohl bemühten sich vor allem Stang, Rentzsch, Basel und Renk um ein gutes Spiel, wohl übersah auch Schiedsrichter Gromotka ein Handspiel eines Dynamo-Verteidigers im Strafraum, allein der Club war von der Siegesstraße nicht mehr abzudrängen, setzte sich schließlich noch durch Gadows Treffer (Ziem schoß bei einem Freistoß überflüssigerweise Rentzsch an, der Ball prallte zu Gadow) recht klar durch. Daran ist nichts zu deuteln: Dieser Erfolg ist auch verdient! Verdient vor allem deshalb, weil der Club doch über die ausgeglichener besetzte Mannschaft verfügte. Gewiß, Hohenschönhausen besitzt feine Talente, das ist unbestritten. Ebenso unbestritten aber dürfte sein, daß der Angriff nicht harmonisch genug aufeinander abgestimmt ist, um auf die Dauer gegen eine so starke Deckung wie die vom SC Dynamo, von Konrad Dorner in bewährter Weise dirigiert, erfolgreich bestehen zu können. Da reichen eben die Möglichkeiten von Rebentisch, Larisch, Nippert oder Hall (noch) nicht aus.

SG Dynamo Hohenschönhausen:
Bräunlich; Kaufmann, Schoen, Ziem; Stang, Rentzsch; Nippert (64. Hall), Renk, Larisch, Basel, Rebentisch
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Hofmann, Dorner, Skaba; Mühlbacher, Maschke; Schmidt, Bley, Gadow, Schröter, Quest (58. Klingbiel)

0:1 Schmidt            (34.)
0:2 Bley               (63.)
0:3 Gadow              (79.)

Schiedsrichter:        Gromotka (Berlin)
Zuschauer:             5.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 05.12.1961