FDGB-Pokal 1961/62 - Achtelfinale: SC Dynamo Berlin - SC Aufbau Magdeburg 4:1

Bester Mann auf dem Platz: Heinz Klemm / Was ist nur aus dem SC Aufbau geworden? / Dynamos Angriff sehr spielfreudig
Ein Mann verdient es, besonders gewürdigt zu werden: Heinz Klemm! Seit über 25 Jahren jagt er nun schon hinter dem runden Leder her, steht zwischen den Pfosten, zählte zu unseren stärksten Torleuten und zählt - die diesmalige Leistung unterstreicht das - noch immer dazu. Trotz seiner weit über 30 Lenze hat er sich die Spielfreude, die Elastizität eines Jungen bewahrt. Und gerade das ist es, was wir an ihm bewundern, was sich alle unsere Fußballer als Vorbild nehmen sollten. Wie oft stand er gegen den SC Aufbau im Mittelpunkt, immer aber blieb er Sieger über Ball und Gegner - bis auf den Strafstoß, an dem aber wirklich nichts zu halten war. Vor allem zwischen der 21. und 38. Minute zeigte er Paraden, die großartig waren. Da warf er sich nach Hofmanns Kopfballrückgabe, um sofort in die andere Ecke zu fliegen, um Schmidts Scharfschuß zu parieren (21.); da tauchte er nach dem von Eckhardt plaziert gezirkelten Ball (27.); da reagierte er unglaublich schnell nach Walters Schuß (73.); da war er stets auf dem Posten, um Flanken und Ecken wegzufausten.

Wir würdigen die Leistung dieses so bewährten älteren Spielers nicht ohne Grund so ausführlich. Er hat sich nämlich bewahrt, was den SC Aufbau sonst so auszeichnete und was ihm diesmal völlig fehlte: jugendliche Frische! Mit Ausnahme Kubischs und Behnes, die recht spielverständig waren, wirkten de Gäste schwerfällig (Röpke), langsam (Weimann), kraftlos (Hirschmann), taktisch unklug (Busch). Kurz: Diese Magdeburger Vorstellung machte verständlich, weshalb die Mannschaft in den letzten Wochen so abgefallen ist. Gewiß, und dafür wird jeder Verständnis haben, jede Vertretung kann einmal einen schwachen Tag erwischen, doch derart enttäuschend, wie Aufbau in Berlin wirkte, das hat nichts mit einem schwachen Tag zu tun. Hinzu kam, daß uns die Aufstellung ein wenig verfehlt erschien. Weimann, von Hause aus ein Läufer, spielte Halbrechts, später Linksaußen(!), Röpke, ein wenig konstruktiver Mann, Läufer. Achim Walter aber kam erst spät, zu spät bereits, zum Einsatz. Ja, mitunter hatte man den Eindruck, als spiele Aufbau lustlos. Und gerade diese ungestüme Spielfreude zählte vor Monaten noch zu den Stärken dieser Mannschaft, die unseren Fußball so belebte und der wir wünschen, daß sie recht bald wieder zu alter Leistungshöhe zurückfinden kann.

Eine Voraussetzung dazu aber ist der unbedingte Wille zum Spiel, zum Kampf, den man diesmal leider vermißte und der Heinz Klemm in solch hohem Maße auszeichnet, daß sich nicht nur die Magdeburger daran eine Scheibe abschneiden können. Dynamo zeigte sich gegenüber den letzten Meisterschaftsspielen ziemlich verbessert; eine Feststellung, die trotz der einschränkenden Bemerkungen über den SC Aufbau voll und ganz gültig ist. Dies trifft vor allem auf den Angriff und hier besonders auf Quest, Gadow und Schmidt zu, die endlich miteinander harmonierten, klug auf die Ideen Schröters eingingen. Sicher ist es nicht zufällig, daß diese drei Spieler sich auch als Torschützen auszeichneten. Schwungvoll wurde da gestürmt, reibungslos die Positionen gewechselt und vor allem beim Spiel ohne Ball ein ziemliches Pensum absolviert. So stand fast stets ein Berliner frei, der dann angespielt wurde. Diese Leistung, an der die Abwehr, in der Dorner herausragte, gleichermaßen Anteil hat, läßt hoffen, daß die Berliner ihr Formtief überwunden haben und sich bald wieder in früherer Stärke vorstellen werden.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Hofmann, Dorner, Skaba; Mühlbächer, Maschke; Schmidt, Bley, Gadow, Schröter, Quest
SC Aufbau Magdeburg:
Blochwitz; Kubisch, Busch, Reidock; Röpke, Behne; Schmidt, Weimann, Eckhardt, Hirschmann, Stöcker (61. Walter)

1:0 Gadow              (10.)
2:0 Schmidt            (28.)
2:1 Hirschmann         (33., Foulstrafstoß)
3:1 Quest              (46.)
4:1 Bley               (54.)

Schiedsrichter:        Männig (Böhlen)
Zuschauer:             2.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 28.11.1961