FDGB-Pokal 1959 - Viertelfinale: SC Traktor Schwerin - SC Dynamo Berlin 0:4

Mit größerem widerstand gerechnet
Als wir 24 Stunden vor der Pokalbegegnung mit dem SC Dynamo Berlin sprachen, sagte man uns am Telefon: "Wir kommen mit dem unbedingten Siegeswillen nach Schwerin, denn in der Meisterschaft haben wir nur noch geringe Aussichten auf den Titelgewinn. Deshalb nutzen wir die große Chance, den FDGB-Pokal zu erkämpfen." Tags darauf war eine weitere Hürde genommen und durch einen 4:0-Sieg über den SC Traktor Schwerin die Runde der letzten Vier erreicht. Eigentlich hatten die 6.500 Zuschauer im Stadion am Lambrechtsgrund und auch der SC Dynamo mit größerem Widerstand der einheimischen Elf gerechnet. Schließlich hatten die Traktoristen Lok Stendal und auch Rotation Babelsberg bei den vorangegangenen Pokalspielen auf eigenem Platz geschlagen. Aber es kam diesmal anders. Die grün-weißen Berliner, die sich anfangs auf ein defensives Spiel eingerichtet hatten, mußten bald sehen, daß auch der SC Traktor mit der gleichen Taktik operierte.

Nach 15 Minuten wurde dann von Moppel Schröter zum Sturm geblasen und durch einen Mordsschuß von Mittelstürmer Schäffner unhaltbar für Freyer das 1:0 erzielt. Moppel Schröter, der sich, wie fast immer, einer besonderen Bewachung erfreute, diesmal durch den baumlangen Bochert I, erhöhte 13 Minuten später auf 2:0. Basel hatte das Leder noch kurz vor der Außenlinie erwischt, flankte durch die Schweriner Abwehrreihe hindurch zum freistehenden Schröter, der zögerte keine Sekunde und schoß aus kurzer Entfernung mit dem Innenrist halbhoch ins rechte Toreck ein. Auch diesmal blieb Torwart Freyer keine Abwehrchance. Konnte der SC Traktor bis zu diesem Zeitpunkt noch einigermaßen mithalten, so wurde nun die Überlegenheit der Berliner immer deutlicher. Sie beherrschten klar das Mittelfeld, und besonders gegen die beiden groß aufspielenden Außenläufer Maschke und Mühlbächer waren die Traktoristen machtlos.

"Ich weiß nicht", sagte Rechtsverteidiger Rolf Hase zur Pause, "was ich mit Mühlbächer anfangen soll." Als dann der gleiche Spieler in der 39. Minute mit einem 25-Meter-Schuß Torwart Freyer überraschte, war das Spiel entschieden. Während der SC Traktor die zweite Halbzeit mit dem Vorhaben, das Endergebnis im Rahmen des Erträglichen zu gestalten, begann, spielte der SC Dynamo mit dem gleichen Eifer wie in den ersten 45 Minuten weiter. Doch bald hatten sich die Schweriner ganz in die Verteidigung zurückgezogen, so daß Dynamo nun ein leichtes Spiel hatte. Die einzelnen Spieler konnten es sich erlauben, ihre Kabinettstückchen aus der Trickkiste vorzuführen, wobei sich besonders Kapitän Moppel Schröter hervortat. Für das Schlußergebnis sorgte in der 82. Minute Linksaußen Quest durch ein schönes Kopfballtor nach einer Maßflanke von Nippert.

SC Traktor Schwerin:
Freyer (45. Schimanski); Hase, Bochert I, Wrobel; Stammann, König; See, Karius (65. Fehlberg), Rothlender, Mailand, Bochert II
SC Dynamo Berlin:
Marquardt (45. Klemm); Thiemann, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Nippert, Basel (45. Hofmann), Schäffner, Schröter, Quest

0:1 Schäffner          (15.)
0:2 Schröter           (28.)
0:3 Mühlbächer         (39.)
0:4 Quest              (82.)

Schiedsrichter:        Hannke (Rostock)
Zuschauer:             6.500

Karl-Heinz Tödt, Neue Fußballwoche, 28.08.1959