FDGB-Pokal 1957 - Halbfinale: SC Lok Leipzig - SC Dynamo Berlin 2:1

O du Fröhlich(e)...
Nun hat es der SC Lok doch noch geschafft, das Endspiel um den FDGB-Pokal am nächsten Sonntag zu erreichen. Nachdem ihm Chemie Bitterfeld beinahe ein Bein gestellt hätte und man den Halleschen Bezirksligameister erst im zweiten Zupacken aus dem Wege räumen konnte, war diesmal mit dem SC Dynamo eine noch weit schwierigere Klippe zu umsteuern. Schade nur, daß diese vor allem in technischer Hinsicht so vielversprechende Begegnung dann recht arg unter dem plötzlichen Wintereinbruch litt und somit die kämpferischen Momente die technischen Delikatessen bei weitem überwogen. Der Schneeboden stellte höchste Anforderungen an die Kondition der Spieler, er erschwerte den Lauf des Balles ungemein. So tat das Leder oft unberechenbare Sprünge, oder es blieb überhaupt unterwegs stecken. Manches blieb damit dem Zufall überlassen, und ein wirklicher Spielfluß über längere Strecken kam nur selten zustande. Dabei begann es recht furios.

Schon nach zwei Minuten flitzte Walther mit einer Steilvorlage los, flankte kurz vor der Auslinie noch hinüber am Tor vorbei zu Behne, der per Kopf zu Fröhlich paßte, und das 1:0 war fertig. Ein Blitzangriff des SC Lok, dem jedoch vorläufig wenige ähnlicher Art folgen sollten. Einmal zeigte Dynamo in dieser ersten Halbzeit die allgemein spielerisch etwas klarere Linie, und zum anderen wurde die mannschaftliche Geschlossenheit der Leipziger schon frühzeitig durch Verletzungen gestört, oder zumindest beeinträchtigt. Konzack mußte schon in der 18. Minute verletzt vom Feld, während im weiteren Verlauf auch Fröhlich und Behne leicht angeschlagen wurden und Walthers schon einige Wochen alte Verletzung sowieso noch nicht völlig auskuriert war. Da außerdem Schoppe, Krause und Polland wegen Krankheit bzw. leichter Blessuren sowieso nicht in Frage kamen, kann man sich vorstellen, daß Lok von vornherein mit einigen Sorgen belastet gewesen ist. Konzacks Ersatzmann Wiehle, ansonsten Stammverteidiger in der Reserve, mußte sich dann als Notbehelf auf dem Rechtsaußenposten zurechtfinden.

Dynamo hatte bereits in der 11. Minute ausgeglichen, als Hofmann ein Zuspiel Schröters aus Nahdistanz verwandelte. Ein weiterer schneller Gästeangriff in der 26. Minute, als der Ball in zügigem Flügelwechsel von Heine hinüber zu Matzen schwebte, wurde durch Legler verschossen. Auch Schröter traf zweimal nicht das Ziel, er hatte diesmal mit dem kantigen Stieglitz einen recht unbequemen Bewacher gefunden. Überhaupt sah sich der Berliner Angriff einer aufmerksamen und einsatzstarken Manndeckung gegenüber, die mancherlei Torabsichten schon vorzeitig durchkreuzte. Allroundspieler Söllner, diesmal als rechter Back, fand sich auch auf diesem Posten glänzend zurecht. Hatte man Dynamo in der Vorpausenzeit insgesamt einige spieltaktische Vorteile zuerkennen müssen, so zeigte sich nach dem Wiederanpfiff doch recht bald, daß Lok unter allen Umständen und bei Hergabe der allerletzten Kraftreserven gewillt war, das Steuer noch herumzureißen.

Mit schnellen weiten Steilvorlagen wurde das Mittelfeld am zweckmäßigsten überbrückt, wurden vorn auch nicht die deckungaufreißenden Flügelwechsel vergessen, wobei der immer besser herauskommende Fischer und Fröhlich einmal mehr ihre klare Spielübersicht aufzeigten. Andererseits aber überließ man auch den Gegenspielern keinen Meter Boden ohne Kampf. So erhielt dieser Pokalfight in der zweiten Halbzeit wahrhaft dramatische Akzente, und allein zwischen der 59. und 67. Minute kam es dreimal zu turbulenten Szenen im Dynamo-Strafraum, die aber allesamt glücklich und ohne Torverluste überstanden werden konnten. Wenig später aber hatte auch Günther Busch alles einzusetzen, um einen Drehball Hofmanns noch im letzten Moment zu parieren. Wiederum rückte eine Verlängerung drohend näher, doch im Finale mit letzten kämpferischen Höhepunkten kam es anders. Zwölf Minuten vor dem Ende winkte Lok der Sieg, als Walther in aussichtsreicher Position von Michael und Schneider gefoult worden war und Schiedsrichter Bergmann auf den Elfmeterpunkt weisen mußte! Doch Fischer jagte den Strafstoß über die Querlatte ins Aus! Drei Minuten später aber machte der nervenstarke Fröhlich das 2:1 dann doch noch perfekt.

SC Lok Leipzig:
G. Busch; Söllner, D. Busch, Brandt; Stieglitz, Fischer; Walther, Heine, Konzack (25. Wiehle), Fröhlich, Behne
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Michael, Schneider, Skaba; Maschke, Schäffner; Heine, Hofmann, Legler, Schröter, Matzen

1:0 Fröhlich           ( 2.)
1:1 Hofmann            (11.)
2:1 Fröhlich           (81.).

Schiedsrichter:        Bergmann (Hildburghausen)
Zuschauer:             6.000

Heinz Hofmann, Neue Fußballwoche, Datum nicht bekannt