FDGB-Pokal 1957 - Achtelfinale: SC Wismut Karl-Marx-Stadt - SC Dynamo Berlin 1:4

Matzens Riecher belohnte Leglers Einsatz
So ist das mitunter im Fußball: Da beginnt die eine Mannschaft groß, sieht fast wie der sichere Sieger aus -, plötzlich, kaum erkennbar zunächst ohne einen äußeren Anlaß, legt dann die andere Vertretung los, besinnt sich auf ihre spielerischen Mittel und reißt das Spiel noch aus dem Feuer. So ähnlich war es auch im Auer Otto-Grotewohl-Stadion. Unerwartet stark begann Wismut, kaum wurden die Nationalspieler vermißt, erstaunlich selbstbewußt spielte der Sturm auf, geführt von dem jungen Zink. Prachtvoll, wie sich dieser junge Mann in den ersten Minuten zu behaupten wußte. Des öfteren ließ er Herbert Schoen glatt stehen, beging dann allerdings den Fehler, den Ball zu lange zu halten. So konnte Dynamo die Deckungslücken von Mal zu Mal wieder schließen.

Dennoch: Hätte Hindenberg in dieser Zeit nicht so bravourös gehalten, sich den Wismut-Spielern mehrere Male vor die Füße geworfen, hätte Michael einen Schuß Freitags nicht mit letztem Einsatz vor der Torlinie gehalten, wären Verlusttreffer kaum zu vermeiden gewesen. Und doch sah man schon zu diesem Zeitpunkt, daß der Wismut-Sturm zu eng operierte, zuwenig das Spiel in die Tiefe und über die Flügel suchte. In der 18. Minute erkämpfte sich Günther gegen Maschke das Leder und spitzelte zu Zink. Der Mittelstürmer setzte Viertel ein, dessen Schuß erst von den Maschen aufgehalten wurde. Eine Energieleistung Leglers führte dann zum Ausgleich: Dynamos Mittelstürmer setzt sich gegen 2 bis 3 Abwehrspieler durch, spielt dann Matzen an, ein kurzes Dribbeln, ein schneller Blick, ein trockener Schuß - 1:1. Das schien das Signal für die Berliner zu sein.

Jetzt stürmte Dynamo mit aller Kraft. Von Maschke gingen die meisten Angriffe aus, über Legler und Schröter wurden sie fortgesetzt und schließlich von den schnellen Hofmann und Matzen mit herzhaften Schüssen abgeschlossen. Ausgezeichnet klappten auch die Wechsel zwischen Heine und Matzen. Oft stieß der rechte Läufer mit nach vorn, so die Wismut-Deckung immer wieder vor neue, überraschende Aufgaben stellend. Hinzu kam, daß man stets steil spielte, immer den freien Raum suchte. Dagegen fand die Wismut-Deckung keine Einstellung, dieses schnelle Spiel ließ sie mitunter hilflos erscheinen. Weder Meyer und Glaser noch Bauer besaßen den erforderlichen Antritt. So konnte sich Dynamo fast nach Belieben entfalten, weil die Stürmer nicht konsequent gedeckt wurden. Dafür "bedankten" sie sich auf ihre Weise.

In der 31. Minute erlief Legler fast aussichtslos den Ball. Kurz vor der Außenlinie erreichte er ihn, flankte in die Mitte, Heine hob das Streitobjekt vor das Tor, Thiele faustete, doch direkt nahm Matzen das Leder aus der Luft und hob es ins Netz. Nach weiteren sechs Minuten das 3:1. Einen Abschlag Hindenbergs nahm Legler an, steil kam sein Paß in den freien Raum, der quirlige, diesmal ausgezeichnet spielende Hofmann erlief den Ball, dribbelte noch einige Schritte und schob dann überlegt ein. Kaum 15 Minuten waren in der zweiten Halbzeit gespielt, als Dynamo Wismut den endgültigen Pokal-K.-o. versetzte. Maschke flankte vor das Tor, Thiele eilte heraus, wollte das Leder aufnehmen, da schlug Glaser seinem Torwart den Ball aus der Hand, Matzen stand richtig, und von seiner Stirn prallte der Ball ins Netz. Das war die erfolgreiche Revanche für das 0:8 im letzten Jahr.

SC Wismut Karl-Marx-Stadt:
Thiele; Glaser, Meyer, Bauer; Hirsch (62. Schlegel), Tautenhahn; Freitag, Viertel, Zink, Günther, Kaiser
SC Dynamo Berlin:
Hindenberg; Michael, Schoen, Skaba; Schäffner, Maschke; Heine, Legler, Schröter, Hofmann, Matzen

1:0 Viertel            (18.)
1:1 Matzen             (25.)
1:2 Matzen             (31.)
1:3 Hofmann            (37.)
1:4 Matzen             (60.)

Schiedsrichter:        Schaub (Leipzig)
Zuschauer:             5.000

Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 19.08.1957