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04. Spieltag 2006/07: BFC Dynamo - Lichterfelder FC Berlin 1892 2:1

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Unverdient und doch verdient
Was häufig als Phänomen bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit keines: Ein Team in Unterzahl wird plötzlich stärker, weil das Zusammengehörigkeitsgefühl wächst und der Ehrgeiz angestachelt ist; die Überzähligen hingegen unterliegen dem Trugschluß, die Sache sei geritzt und sie hätten nun nicht mehr soviel zu laufen. Das sogenannte Phänomen hätte Dynamo den ersten Sieg kosten können - doch die emsig anrennenden Lichterfelder blieben zu harmlos und konnten ihre erste Niederlage nicht mehr abwenden. "Wir haben unverdient verloren... und doch wieder verdient", sprach LFC-Trainer Wolf. Ein Widerspruch? Nein. Fraglos zeigte der Aufsteiger ”die schönere Spielanlage", wie auch BFC-Coach Fijalek ehrlich gestand. Fraglos diktierte er nach Halbzeit gegen einen zu tief stehenden BFC das Geschehen, und ebenso unzweifelhaft erfreuten freche Aktionen von Senol, Ilkan Senkaya, Tim Felsenberg und vor allem vom starken Lensinger das Herz des Ästheten.

Am und im gegnerischen Strafraum jedoch war Feierabend. So war Dynamo nur zu erschrecken, nicht aber kleinzukriegen. Vor allem ließen sich für den LFC die Versäumnisse der ersten Halbzeit nicht mehr wettmachen. Da nämlich hatte der BFC eiskalt und hartherzig die Unreife des Gegners bestraft. "Wenn man diese Fehler sieht...", stöhnte Wolf, während Fijalek seinen Leuten auf die Schultern klopfte: "Die Standards sind unsere Stärke." Bei beiden Treffern sah Keeper Piezka ein bißchen unglücklich aus: Erst kam er nur halbherzig aus dem Kasten, dann schaute er Manteufels meisterhaft gezirkeltem Freistoß regungslos hinterher - einen Versuch hätte er schon machen dürfen. Um aber Piezka zu entlasten, sei neben den Standards eine weitere Domäne Dynamos genannt: der Zweikampf.

Weit bissiger und geschickter gingen die BFCer in den Clinch, allen voran Benthin, der eine sensationelle erste Hälfte spielte - inclusive Hackentrick. Dynamo also eine Halbzeit sachlich, cool, fast profihaft. "Ich bin aber nicht zufrieden, wie es weitergegangen ist", bemerkte Fijalek. Passivität, Unkonzentriertheit und Unruhe zogen auf. Es war wie abgeschnürt. Und doch hätte Suwary das beruhigende 3:0 machen können, ja müssen: Nach Kaysers Maßflanke köpfte er aus zwei Metern Piezka in die Arme (64.) - ein kleines Kunststück, das den fleißigen Polen ärgern wird. Es folgte der Feldverweis Ilter Senkayas für ein vergleichsweise harmloses Festhalten, hart, aber vertretbar. Und es gab noch Senols bildschönes Anschlußtor, bei dem Thomaschewski ebenso paralysiert festklebte wie Kollege Piezka beim Treffer zuvor.

BFC Dynamo:
Thomaschewski; Rudwaleit, Lenz, Palmer; Benthin; Schmele, Jakowitz; (89. Brychcy), Lorenz, Manteufel; Suwary, Jahn (60. Kayser)
Lichterfelder FC Berlin 1892:
Piezka; Lensinger, Gebell (55. Marschei), Senkaya; T. Felsenberg, Leitgeb, J. Felsenberg (68. Bruckmann), Kindt; Senol; Senkaya (66. Platzverweis), Kovacic (76. Kara)

1:0 Jahn               ( 8.)
2:0 Manteufel          (34.)
2:1 Senol              (75.)

Schiedsrichter:        Mattig (Frankfurt/Oder)
Zuschauer:             674


Raimund Wilheim, Fußballwoche, 28.08.2006


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