03. Spieltag 2005/06: 1. FC Union Berlin - BFC Dynamo 8:0

Sturmlauf ohne Gegenwehr / Union feierte gegen den indisponierten BFC Dynamo einen Kantersieg
Es hat in der Geschichte dieser beiden Klubs schon so manch denkwürdiges Duell gegeben. Doch dieses Derby dürfte allen wohl lange in Erinnerung bleiben - egal, aus welcher Perspektive man es verfolgte. Dabei dürfte auf Seiten des Siegers der moralische Wert den sportlichen deutlich überstiegen haben. Unions Kantersieg stürzte den alten Rivalen BFC Dynamo zwar in tiefe Depression, doch ansonsten hatte er keinen tiefgreifenden Aussagewert. Außer den, dass der Gegner an diesem Tage einfach unsagbar schwach und einem solchen Derby Schlichtweg nicht gewachsen war. "Eigentlich erübrigt sich zu diesem Spiel jeder Kommentar", konnte sich auch Union-Coach Frank Lieberam nur bedingt freuen und warnte sogleich: "Wir dürfen uns jetzt nicht im siebenten Himmel wähnen."

Dazu besteht angesichts der erschreckenden Schwäche des Gegners auch kein Anlass. Dabei hatte der Gast couragiert begonnen und auch den Rückstand weggesteckt. Bei Jarlings Kopfball, den Glinker glänzend parierte (20.), lag gar der Ausgleich in der Luft. Doch spätestens mit dem zweiten Gegentreffer brachen beim BFC alle Dämme. Union hatte im Mittelfeld mehr spielerisches Potenzial (Mattuschka, Heinrich) und vor allem zwei bewegliche Spitzen, die die eklatanten Schnelligkeitsdefizite in der Dynamo-Defensive mehr und mehr entlarvten. Schon vor der Pause hätten Benyamina (39., 45.) und Mattuschka (41.) die Fronten klären können. Unions Abschlussschwäche und ein tapferer BFC-Keeper hielten ein Spiel, dessen Entwicklung sich da bereits klar abzeichnete, zumindest im Ergebnis noch offen. Das änderte sich allerdings nach dem Wechsel.

Nun hatte der BFC dem Unioner Sturmlauf kaum noch Gegenwehr zu bieten - und stellte sie dann in der Schlussphase völlig ein. Sehenden Auges und ohne erkennbaren Widerstand trotteten die Gäste ins Debakel. "Man kann hier verlieren, aber nicht so", befand BFC-Trainer Jürgen Piepenburg, der für den Niveauunterschied - zumindest an diesem Tage - auch keine rechte Erklärung fand und lediglich "viele zu langsame, verletzte und gesperrte Spieler" seiner Truppe ins Feld führte. Union jedenfalls nahm die Einladung dankend an und schoss sich die nach zwei eher mäßigen Vorstellungen angestaute Verunsicherung lustvoll von der Seele. Hätte der souveräne Schiedsrichter Bley dem einseitigen Geschehen dann nicht ein Ende gesetzt, wäre das Ergebnis gewiss zweistellig ausgefallen - doch in die Historie eingehen wird es auch so.

1. FC Union Berlin:
Glinker; Persich, Bergner, Ruprecht, Kaiser; Kubjuweit (46. Wunderlich), Bönig, Mattuschka (85. Kovulmaz), Heinrich; Grubert (71. Prokoph), Benyamina
BFC Dynamo:
Brändike; Lenz; Rudwaleit, Jakowitz (78. Kayser); Dehnert, Benthin, Manteufel (66. Brychcy); Schmele (66. Marjanovic), Jarling, Zöphel; Lau

1:0 Mattuschka         (18.)
2:0 Mattuschka         (34.)
3:0 Grubert            (47.)
4:0 Grubert            (68.)
5:0 Benyamina          (77.)
6:0 Heinrich           (80.)
7:0 Benyamina          (82.)
8:0 Benyamina          (88.)

Schiedsrichter:        Bley (Sehmatal)
Zuschauer:             14.020

Raimund Wilheim, Fußballwoche, 22.08.2005