| Angezogene Handbremse Manchmal sind 0:0-Spiele ja ganz unterhaltsam. Dieses war es kaum. Dazu gab es einfach zu wenig Torgelegenheiten. Es schien fast, als hätten beide beim Beschleunigen in die neue Saison vor lauter Tatendrang vergessen, vorher die Handbremse zu lösen. Das Resultat war letztlich logische Konsequenz meist einfallsloser Bemühungen. Dabei begannen die Hausherren noch recht schwungvoll. In der Anfangsphase offenbarte Jenas umgestellte Abwehr mit dem erst einen Tag zuvor verpflichteten Routinier Sänger als Libero noch einige Abstimmungsprobleme. Aber weder Aberkane, der freistehend vorbeiköpfte (9.), noch Seruga, der nach einem schönen Solo an Weißgärber scheiterte (17.), konnten sie nutzen. Dazwischen lag noch die dickste Möglichkeit überhaupt, als der stark beginnende Petzold von rechts mustergültig nach innen paßte, der völlig freistehende Krznaric den Ball aber über die Latte setzte (14.).
Danach hatten aber auch die Berliner ihr Pulver erstaunlich früh verschossen. Ihre optische Überlegenheit nutzte ihnen nicht viel, weil aus dem Mittelfeld heraus einfach der Zug zum Tor fehlte. Einzig Krznaric bildete diesbezüglich die rühmliche Ausnahme, doch er stand trotz namhafter Nebenleute mit seinen Bemühungen ziemlich allein. Petzold baute mit zunehmender Spielzeit ab. Gatti brachte gar nichts Produktives zustande. Der sonstige Libero Brestrich, diesmal im Mittelfeld aufgeboten, hatte das "Pech", mit Hempel ausgerechnet einen ausgesprochen offensiv ausgerichteten Mann gegen sich zu haben. Mit dem hatte er zwar wenig Mühe, doch für die Offensive blieb halt wenig übrig. "Wir haben im Spiel nach vorn zu wenig geboten", war auch FCB-Coach Henry Häusler der Schwachpunkt des Tages nicht entgangen. Mit zunehmender Spielzeit wollte seinen Schützlingen dann gar nichts mehr einfallen. Die beste Chance nach der Pause war dann auch eher dem Zufall geschuldet, als Ohlys Direktschuß durch Freund und Feind hindurch am Pfosten landete (54.).
Ein Signal zum Aufbruch war aber auch das nicht. So schaukelten die Gäste die Partie zwar relativ gelassen über die Runden, doch sie verpaßten die Chance, vielleicht sogar als Sieger vom Platz zu gehen. Doch dafür hätten sie schon mal ein bißchen was riskieren müssen. Aber im Spiel nach vom blieb auch Jena viel schuldig. Einzig Kaiser ergriff mal die Initiative. Er visierte wenigstens zweimal das gegnerische Tor an (52., 63.). Andere dagegen schienen davor regelrechte Angst zu haben. Als einmal die Abseitsfalle der Berliner nicht zuschnappte, hatte Hempel plötzlich freie Bahn. Doch statt auf direktem Wege zum Tor zu ziehen, zögerte er so lange, bis die FCB-Abwehrspieler - bekanntlich keine "Raketen" - zurückgeeilt waren (15.). Ein Lehrbeispiel, wie man es nicht machen sollte. Jenas Trainer Thomas Gerstner wollte die destruktive Einstellung seines Teams später wenigstens etwas rechtfertigen: "Wir mußten ja erstmal, was in der Regionalliga so Ios ist." Ob er da bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen hat, ist wohl eher zu bezweifeln. Viel war nämlich nicht los.
FC Berlin: Bartel; Lenz; Kallnik, Maek; Petzold, Gatti (58. Jonelat), Krznaric, Brestrich, Ohly; Aberkane (76. Jopek), Seruga (58. Jarling) FC Carl Zeiss Jena: Weißgärber; Sänger; Wentzel, Noll; Sträßer, Hempel (88. Berger), Kaiser, Ellguth (58. Friedrich), Hauser; Weber (75. Azevedo), Rousajew
Schiedsrichter: Reck (Demmin) Zuschauer: 832
Sascha Stolz, Fußballwoche, 03.08.1998
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