01. Spieltag 1996/97: FC Berlin - 1. FC Dynamo Dresden 2:0

Lesch war gar nicht lasch
Im Duell der einstigen Erzrivalen, das immerhin 2.300 Zuschauer in den Jahn-Sportpark gelockt hatte, sorgte der FCB mit diesem Erfolg für eine handfeste Sensation. Mehr noch als das Resultat überraschte dabei die Tatsache, daß der Erfolg der Gastgeber, die mit einer blutjungen Truppe aufliefen und dabei sogar noch auf drei verletzte Stammspieler (R. Müller, Arndt, Franke) verzichten mußten, auch noch völlig verdient war. Für Dresden, schließlich als einer der großen Favoriten gehandelt, ein wahres Armutszeugnis! "Wir haben taktisch sehr diszipliniert gespielt. Jeder hat hochmotiviert seine Aufgabe erfüllt", freute sich FCB-Trainer Werner Voigt über die couragierte Vorstellung seiner Mannschaft. In der gab es in der Tat keinen Schwachpunkt, und nicht zufällig waren es drei Youngster, die die Partie entschieden. Zum einen Torhüter Barthel, dem man beim Herauslaufen zwar noch die mangelnde Routine anmerkte, der aber auf der Linie einige bemerkenswerte Reflexe zeigte.

So verhinderte er erst gegen Gütschow den Ausgleich (24.) und nach dem Wechsel mit zwei spektakulären Paraden abermals gegen Gütschow (53.) und Jörg Schmidt (64.) den möglichen Anschlußtreffer - was den Gästen dann offensichtlich den letzten Nerv raubte. Im Mittelfeld spulte S. Müller nicht nur ein tolles Pensum ab. Alles, was er machte, hatte Hand und Fuß, wobei seine Vorbereitung zum 2:0, als er erst mit Ball am Fuß über den halben Platz stürmte und dann auch noch das Auge für den freistehenden Lesch hatte, den nachhaltigsten Eindruck hinterließ. Schließlich entpuppte sich der drangvolle Lesch im Angriff als kaltblütiger Vollstrecker, der stets ein Näschen für gefährliche Situationen hatte und um ein Haar sogar noch ein drittes Tor erzielt hätte, als er - erneut nach Vorarbeit von S. Müller - nur den Pfosten traf. Vom großen Favoriten war hingegen herzlich wenig zu sehen.

"Das war sowohl spielerisch als auch kämpferisch eine katastrophale Leistung", kommentierte Trainer Udo Schmuck die recht erbärmliche Vorstellung seiner Mannschaft. Mit all ihren Assen angetreten (mit Jan Schmidt und St. Schmidt saßen zwei namhafte Neuzugänge anfangs sogar nur auf der Bank), fanden die Sachsen nie zu ihrem Spiel. Viel zu langatmig, dazu meist noch durch die Mitte, trugen sie ihre Angriffe vor. Die allgemeine Pomadigkeit trug nicht selten eine Spur von Arroganz... Vor allem so manch hochdotierter Neuzugang und Ex-Bundesligaprofi war eine blanke Enttäuschung. Kern war als Libero in der Abwehr mehr Unruheherd denn Organisator, leitete zudem mit einem haarsträubenden Fehler das 0:1 ein. Während sich Gütschow gegen Kallnik wenigstens noch ab und zu in Szene setzen konnte, bekam Milde gegen Maek überhaupt keinen Stich. Weil auch aus dem Mittelfeld - mit Ausnahme von Jörg Schmidt - herzlich wenig kam, hatte man eigentlich nie das Gefühl, diese Partie könnte noch kippen.

FC Berlin:
Bartel; Brestrich; Kallnik, Maek; Göllnitz, Höppner, Reckmann, S. Müller, Dahlke; Pronischew (88. Lau), Lesch
1. FC Dynamo Dresden:
Köhler; Kern; Braun, Herrig; Jörg Schmidt (75. Jelen), Pasieka, Lazic (56. Jan Schmidt), Baum, Pavlin; Milde (75. Heidler), Gütschow.

1:0 Lesch              (15.)
2:0 Lesch              (47.)

Schiedsrichter:
Zuschauer:             2.300

Matthias Krause, Berliner Zeitung, 05.08.1996