30. Spieltag 1994/95: FC Berlin - Berliner TC Borussia 2:0

Oster ließ TeBe verzweifeln
Treffen zwei Mannschaften aufeinander, die im Prinzip jenseits von Gut und Böse stehen, so ist das leider Gottes noch keine Garantie für ein unverkrampftes, ansehnliches Spiel. Doch in Hohenschönhausen ging die Post gewaltig ab. Zumindest in den ersten 45 Minuten wies das temposcharfe, rasante Geschehen reichlich Klassemerkmale auf. Und auch als später beim FCB die Kräfte ein wenig schwanden und TeBe zusehends ratloser wurde, blieben Attraktivität und Unterhaltungswert weitgehend erhalten. Trotz der ersten Rückrunden-Niederlage (nach 20:2 Punkten) enttäuschten die Borussen nicht, jedenfalls nicht im Spiel nach vorn. Zahlreiche Torchancen wurden fein herausgespielt, aber eben nicht verwertet. Allein Henschel, stark (im Spielverhalten) und schwach (im Abschluß) zugleich, stand viermal halbrechts frei und verzog. Oder Bücs, voller Ideen und technisch brillant, aber mit Pech (23./Lattenschuß aus 25m) und Unvermögen (28./Kopfball-"Riese") sowie einem Fehlpaß vor dem 0:1. Und als die "Veilchen" schließlich die Brechstange auspackten, begann die große Zeit des phantastischen Markus Oster.

Sagenhaft die Reaktionen des Keepers bei Aksoys Freistoß (49.) und den Versuchen von Bücs (74.) und Gatti (76.). Derlei Torhüterkunst raubte den Borussen endgültig den Nerv. Was den FCB auszeichnete, beschrieb indirekt die Kritik von TeBe-Coach Uwe Jahn am eigenen Team: Wir hatten Probleme mit der Umschaltung nach hinten. Anders ausgedrückt: Im Gegensatz zum Spiel gegen Jena (0:2) stellten sich die Hohenschönhauser nicht nur hinten rein, sondern fuhren auch immer wieder geschickte Konter, die besonders über rechts (Schröder, Zöphel) wie Nadelstiche piekten. Hätte nicht Franke seinen Kollegen Lau angeschossen (27.) und Aksoy nicht auf der Linie gegen Franke geklärt (34.), der FCB hätte zur Pause schon höher geführt. "Ist der Gegner auf allen Positionen besser besetzt, muß man sich taktisch richtig verhalten. Das haben wir gemacht", lobte FCB-Trainer Helmut Koch sein "letztes Aufgebot" (verletzt sind Steffen, Oesker, Müller, Nikol, Hennig und Starp). In die Bresche sprangen Talente wie Lau oder Wacker, die sonst in der B-Klasse spielen. Eindrucksvoll gelang es der jungen Elf, sich den Frust über den Pokal-K.o. gegen Türkiyem von der Seele zu schießen.

FC Berlin:
Oster; Brestrich; Fensch, Reckmann; Schröder, Zöphel, Kallnik, Wacker, Zavarko; Franke, Lau (90. Latsch)
Berliner TC Borussia:
Thomaschewski; Aksoy; Lenz, Kapagiannidis; Mackel (64. Rousajew), Levy, Bücs, Gatti, Kacharava (77. Gries); Henschel, Adler

1:0 Lau                (16.)
2:0 Brestrich          (62., Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        Haack (BSC Marzahn)
Zuschauer:             545

Raimund Wilheim, Fußallwoche, 08.05.1995