15. Spieltag 1994/95: FC Sachsen Leipzig - FC Berlin 2:0

Reckmanns Blackout
Die Einstimmung auf die Paarung zwischen den unbesiegten Leipzigern und dem FCB hatte mit Freude an Sport und Spiel nichts gemein. Schmierereien auf der Tribüne, an den Kassenhäuschen und an der Anzeigetafel hatten das Antlitz des sonst so schmucken Alfred-Kunze-Sportparks in der Nacht zum Freitag vandalenhaft verschandelt. Berliner Rowdies kündigten Haßtiraden gegen die Polizei an. Sie wollten sich für den Tod von Mike Polley rächen, der im Umfeld des Leipziger Stadions vor vier Jahren von einem Polizeiangehörigen erschossen worden war. Auch am Spieltag war diese Brisanz spürbar. Eine Reiterstaffel der Polizei, 15 Hundeführer des FC Sachsen und dazu eine über 500 Mann starke Polizeieskorte sowie 100 Ordnungskräfte des FC Sachsen sorgten dafür, daß der sportliche Teil ungestört verlaufen konnte. Eine kleine Rangelei zu Beginn des Spiels und Aktionen aus dem Gästeblock nach dem Abpfiff (FCB-Trainer Helmut Koch entschuldigte sich auf der Pressekonferenz dafür) wurden dank des besonnenen Handelns der Ordnungskräfte im Keim erstickt.

Zum Glück ließen sich die Akteure auf dem Rasen nicht von der angeheizten Umfeld-Atmosphäre anstecken. So sahen die Zuschauer ein Spiel, das von Einsatzfreude, Tempo und Technik geprägt war. Da gefielen die Gäste mit ihren schnellen Spielzügen zu Beginn über Brestich/Franke/Nikol (5.) und mit einem Zöphel-Freistoß (11.), der eine sichere Beute des Sachsen-Keepers Köhler wurde. Dann übernahmen jedoch die Gastgeber immer mehr das Kommando. König und Nierlich mit guter Übersicht sowie Hammermüller mit einem Riesenlaufpensum dominierten nun im Mittelfeld. Sie gaben die Impulse für die vorn stets anspielbaren Leitzke und Klee die sich zwar geschickt von ihren Bewachern Reckmann und Fensch lösten, aber doch mehrfach den Ball verpaßten oder nicht voll trafen. Auch nach dem Seitenwechsel ließen sich die Leutzscher nicht mehr, die Butter vom Brot nehmen. Nickeleit, der als Libero den verletzten Sänger couragiert vertrat, sorgte gemeinsam mit Pfitzner und Saalbach für solide Abwehrarbeit. Beim FCB verhinderte Fensch das 0:3, als er eine "Rakete" von Nierlich auf der Torlinie entschärfte (80.).

FC Sachsen Leipzig:
Köhler; Nickeleit; Pfitzner, Saalbach; Feetz, Hammermüller, König, Nierlich, Golowan; Klee, Leitzke
FC Berlin:
Oster; Brestrich; Fensch, Reckmann; Schröder, Zöphel, Kallnik, Nikol (64. Hennig), Müller; Franke (76. Wacker), Steffen

1:0 Reckmann           (35., Eigentor)
2:0 Kretschmer         (56.)

Schiedsrichter:        Habermann (Weißensee)
Zuschauer:             4.217

Heinz Rossberg, Fußballwoche, 21.11.1994